Ein erster Schritt Richtung Frieden in Syrien
Der Zeitpunkt für den Syriengipfel war gut gewählt. Zum ersten Mal seit Ausbruch des Krieges vor sieben Jahren war es an den Fronten in den letzten Wochen vergleichsweise ruhig geblieben. Das Assad-Regime startete keine neuen Angriffe und die Rebellen ließen ihre Waffen bis auf ein paar Scharmützel ruhen. Nur bei schweigenden Waffen kann man reden über das, was nach dem Krieg werden soll.
Und das ist zunächst einmal der Verdienst von Wladimir Putin und Recep Tayyip Ergogan. Der russische und der türkische Präsident hatten sich zuvor auf eine neue Strategie geeinigt. Jeder drängte seine Verbündeten, die Waffen schweigen zu lassen und die demilitaisierte Zone rund um die nordwestliche Region Idlib, die letzte Rebellenhochburg, zu respektieren. Die beiden früheren Widersacher waren über ihren Schatten gesprungen, was kaum jemand für möglich gehalten hatte.
Als erstes die Kampfhandlungen beenden
Jetzt haben die beiden mit Merkel und Macron quasi die Macht und das Geld Europas mit ins Boot geholt. Und siehe da: Es funktioniert. Gut, es gibt nach wie vor tiefe Meinungsverschiedenheiten, aber die hat man beim Treffe einfach weitgehend ausgeblendet und sich auf Gemeinsames konzentriert. Alle wollen den Krieg so schnell wie möglich beenden, die Terroristen bekämpfen, einen Verfassungskonvent initiieren und dann so schnell wie möglich mit dem Wiederaufbau des zerstörten Landes beginnen. Das alles wird noch Jahre dauern, es wird Rückschläge geben, ja, aber die Richtung stimmt.
Die bisherigen diplomaitschen Initiativen, die Astana-Gruppe aus Russland, Iran und der Türkei sowie die Gespräche bei der UN in Genf zwischen Regierung und Opposition haben bisher kaum Fortschritte erzielen können. Noch nicht einmal auf die Zusammensetzung eines Verfassungskonvents hat man sich bisher einigen können. Das Viererformat will die beiden anderen Verhandlungsforen nicht ersetzen, sondern enger miteinander koordinieren und Druck auf die Beteiligten ausüben. Erklärtes Gipfelziel ist es, den Verfassungskonvent bis Ende des Jahres zu konstituieren und mit der Arbeit beginnen zu lassen.
Was tun mit Assad?
Die Arbeit an einer Nachkriegsordnung wird allerdings entscheidend vom Schicksal einer Person abhängen: vom syrischen Präsidenten Assad. Russland und Iran wollen ihn an der Macht halten - Russland will militärisch in Syrien weiter präsent sein, Iran will, dass Syrien weiter schiitisch-alavitisch bleibt. Europa, die USA, die sunnitischen Araber und die Türken sowie die Mehrheit der Syrer wollen, dass Assad möglichst schnell verschwindet. Das Problem hat der Vierergipfel ausgeblendet - erst einmal. Und das ist richtig so.
Die Lektion aus Libyen hat man offensichtlich gelernt. Damals war der Westen so sehr erpicht darauf, Muammar al Gaddafi zu beseitigen, dass er mangels eines politischen Konzepts das Land der Anarchie und den Terroristen überließ. Apropos Terroristen: Die lauern auch in Syrien noch auf ihre Chance. In Idlib haben sich Tausende versprengte radikale Islamisten von Al-Quaida- und Ablegern des "Islamischen Staats" neu gruppiert und verschanzt. Sie sind an einer Zukunft Syriens nicht interessiert und wollen den Dschihad weiterführen. Diese Milizen sind die erklärten Hauptgegner der neuen Viererallianz.
Positive Nebenwirkungen
Welche Interessen haben eigentlich Deutschland und Frankreich in diesem Viererformat? Nun, die Franzosen sehen die Chance, in einer Nachkriegsordnung politisch wieder ihren Fuß nach Syrien zu bekommen, wo sie zwischen erstem und zweitem Weltkrieg einmal Mandatsmacht waren. Und die Deutschen machen keinen Hehl daraus, dass sie keinen Bedarf an weiteren Kriegsflüchtlingen aus Syrien haben und die bereits aufgenommenen möglichst schnell wieder zurückschicken wollen - in eine friedliche Heimat , in der sie keine Übergriffe von Assad-Schergen befürchten müssen, unter Kontrolle der UN. Wenn der Plan Erfolg hat, können auch Putin und Erdogan ihr lädiertes Image ein wenig aufpolieren und etwas für den Weltfrieden tun.
Ist alles okay, Hauptsache das Schießen und Sterben hört auf.