EU-Afrika: Der Gipfel der leeren Worte
Diese riesige Versammlung von Regierungschefs in Abidjan war ein ambitioniertes Ereignis. Soldaten, Galadiners, Limousinen - nichts fehlte, damit die Teilnehmer sich bedeutend fühlen konnten. Und die Erwartungen waren hoch, bekräftigt noch von einem Vorab-Treffen in Brüssel. Da hörte man große Worte, vor allem, dass die Afrikaner auf Augenhöhe verhandeln wollen. Dass sie nicht mehr als Bettler nach Entwicklungshilfe fragen, sondern als gleichberechtigte Wirtschaftspartner anerkannt sein wollten.
Wenn der Elefant kreißt
Bei den Europäern war die Rede von einem "Marshallplan für Afrika", einer Investitionsinitiative, Bildung für die Millionen von Jugendlichen, die in den ersten drei Jahrzehnten auf dem Kontinent geboren werden. Denn die Europäer sehen da Bedrohung auf sich zu kommen, ungezählte junge Menschen auf der Suche nach einer Zukunft im reichen Norden.
Und dann kreißte beim Gipfeltreffen der Elefant und gebar nicht einmal eine Maus, sondern bestenfalls einen Moskito. Der einzige konkrete Beschluss in Abidjan verspricht die Rückholung von einigen tausend afrikanischen Migranten aus höllischen Zuständen in Libyen. Der französische Präsident Macron, die Bundeskanzlerin und ein paar afrikanische Regierungschefs beschlossen das in einer Sondersitzung am Rande. Allerdings gilt das nur für die Menschen, an die man ohne größere Probleme herankommt. Die Hunderttausende in den gesetzlosen, von Milizen beherrschten Teilen Libyens, müssen weiter warten. Denn auf eine Militäraktion hat niemand Lust.
Wer ist schuld am Gipfel der Enttäuschung?
Nach dem Treffen begannen einige Organisationen wie immer reflexhaft auf die EU einzuschlagen. Die Handelspolitik der Europäer sei Schuld an der schlechten Entwicklung in Afrika, der Protektionismus in der Landwirtschaft, die rücksichtslose Ausbeutung der Rohstoffe. Nun gewinnen die Europäer zweifellos mit ihrer Afrikapolitik keinen ersten Preis für Selbstlosigkeit. Aber seit wann ist das in der Politik eine Kategorie? Sie wahren ihre Interessen, wären aber sofort bereit, sich mit einem umfassenden Programm zur Förderung der Landwirtschaft, für Schulbildung und Maßnahmen gegen die Bevölkerungsexplosion zu engagieren. Aber all diese fertigen Pläne werden in den Schubladen liegen bleiben.
Unter den Teilnehmern des Gipfels sind gutwillige und einigermaßen demokratische Regierungen, korrupte Ausbeuter und blutige Diktatoren. Man versteht, dass viele Passagen in der Schlusserklärung, wo es um "gute Regierungsführung" ging, gestrichen werden mussten. Es war kaum zu erwarten, dass eine Versammlung von 55 Machthabern, die viel von Europa verlangen, aber häufig selbst keine Verantwortung für den Zustand ihrer Länder übernehmen mögen, sich dabei einigen kann.
Was ist mit der Eigenverantwortung der Afrikaner?
Die EU aber macht keine konkreten Zusagen mehr, wenn sie nicht gleichzeitig das Versprechen erhält, dass Korruption und Verschwendung wenigstens eingedämmt werden. Europa ist immer noch der größte Geber und Investor für Afrika, aber Träume von einer richtigen Wirtschaftsstrategie, um den Kontinent schrittweise auf eigene Füße zu bringen, sind wieder einmal zerplatzt. "Gute Regierungsführung" ist dafür unabdingbar, jedenfalls bessere als derzeit in vielen Ländern Afrikas.
Selbst das Vorzeigeland Elfenbeinküste zeigte seine häßliche Seite. Die Regierung verbannte alle NGO vom Gipfel, die doch soviel Hilfe in Afrika leisten, und verbot sogar deren eigenes Treffen. Das ist undemokratisch und dumm, denn nur gemeinsam mit der Zivilgesellschaft sind die riesigen Probleme des Kontinents zu bewältigen. Das völlige Versagen dieser Gipfel-Showveranstaltung hat sie ihrer Lösung keinen Millimeter näher gebracht.
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