Fortschritte! Fortschritte?
Auf dem Papier sieht es gut aus: Die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrates und andere wichtige Staaten, darunter Deutschland, haben in New York einen Resolutionsentwurf zu Syrien verabschiedet. Dieser sieht vor, dass es binnen sechs Monaten eine Übergangsregierung in Damaskus geben soll und - in spätestens eineinhalb Jahren - Neuwahlen. Das Schicksal von Syriens Präsident Baschar al-Assad wurde zunächst ausgeklammert. Russland und der Iran unterstützen das Regime in Damaskus weiter. US-Präsident Barack Obama hat deutlich gemacht, dass Assad nur für eine Übergangszeit Verhandlungspartner sein kann. Die Uneinigkeit, wie es mit Assad weiter gehen soll, bleibt also.
Was die UN-Resolution wert ist, wird sich in der zweiten Januarhälfte zeigen. Dann werden sich in Genf die Rebellen und Vertreter der Assad-Regierung an einen Tisch setzen. Diejenigen, die in diesen Tagen einander zu töten versuchen, sollen konstruktiv zusammen arbeiten, gar miteinander regieren. Ob das gelingen kann? Die Skepsis ist groß - auf allen Seiten.
Zerstrittene Gegner
Übrigens auch, weil Assads Gegner alles andere als einig sein. Säkulare oder streng islamische Kräfte haben ganz unterschiedliche Vorstellungen von der Zukunft Syriens. Saudi-Arabien unternahm vor wenigen Tagen den Versuch, die sunnitischen Rebellen zusammenzubringen - mit bescheidenem Erfolg. Eine deutsche Zeitschrift nannte das von Saudi-Arabien gebildete syrisch-oppositionelle Bündnis eine "Geisterallianz". Wenn also noch nicht einmal Riads Millionen die syrische Opposition für eine kurze Zeit zusammen bringen können, wie soll das der internationalen Gemeinschaft gelingen?
Saudi-Arabien und der Iran unterstützen die Resolution zumindest offiziell. Doch Papier ist geduldig. Riad und Teheran beäugen einander misstrauisch. Daran hat die Syrien-Resolution wenig geändert.
Meinungsverschiedenheiten zwischen USA und Türkei
Derweil herrscht auch unter Amerikanern und Türken Uneinigkeit, ob und wenn ja, wie sehr die Kurden im Norden Syriens unterstützt werden sollen. Washington schätzt sie als Verbündete im Kampf gegen die Terrormiliz "Islamischer Staat". Die Obama-Administration will den Kurden weiter Waffen und Geld schicken. Genau das alarmiert Ankara. Schließlich arbeitet ein Teil der syrischen Kurden mit der PKK zusammen - Ankaras Intimfeind. Bislang gelang es den USA und der Türkei, dieses Thema "unter der Decke" zu halten. Die Frage ist: Wie lange noch - zumal die Kurden bei der Gestaltung von Syriens Zukunft ein gewichtiges Wort mitreden werden.
Risiken, dass das Projekt "Frieden für Syrien" auch nach dem UN-Resolutionsentwurf misslingt, gibt es zuhauf. Es wäre ein großer Fortschritt, wenn in den kommenden Wochen zumindest die Waffen zum Schweigen gebracht werden könnten. Bislang hat von der Uneinigkeit der Internationalen Staatengemeinschaft nur einer profitiert: der "Islamische Staat".
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