Vor ein paar Jahren war es einfacher. Da war das E-Book das große Thema, oder auch: der digitale Wandel, der den Buchmarkt kräftig durcheinanderrüttelt. Letzteres war dann für einige Jahre das Thema der Messe. Im vergangenen Jahr wurde an den Verlagsständen und bei vielen Messerunden viel über die Flüchtlingskrise gesprochen. Auch 2016 hatte man also ein Thema.
Dieses Jahr war das nicht so. Natürlich, es gab eine Vielzahl an Sujets, über die geredet wurde. Wenn sich die handgreiflichen Ausschreitungen an den Ständen der rechtspopulistischen Verlage nicht erst zum Ende der Messe ereignet hätten, dann wäre die Frage, wie man in Frankfurt mit rechten Verlagen umzugehen hat, sicher noch relevanter gewesen. Doch im Grunde gilt: Auf der Buchmesse muss man Sympathisanten für das rechte Milieu seit jeher mit der Lupe suchen. Zudem wird die rechte Szene intellektuell nicht wirklich ernst genommen. Die politischen Leitlinien von Parteien wie der AfD würden in der Buchbranche wohl die allerwenigsten unterstützen.
Auch Donald Trump war kein großes Thema auf der Messe
Ähnliches trifft auf das Thema Trump zu. 2017 war die erste Buchmesse, die in der Ära des 45. amerikanischen Präsidenten stattfand. Doch die Ansichten von Donald Trump und der Politikstil des Amerikaners haben sich in den vergangenen Monaten als derart hanebüchen erwiesen, dass viele schon jetzt keine Lust mehr haben, ihre wohlfeilen Meinungen darzulegen. Es war also auch nicht die Buch-Messe des Donald Trump.
Ein wenig mehr Zündstoff hatte der Auftritt des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron zu Beginn geboten. Sein tiefschürfender, von üblichen Politiker-Eröffnungsreden-Floskeln weitgehend freier Auftritt am Dienstagabend hatte viele überzeugt. Vor allem in Deutschland, weil man hier aus Berlin nicht so oft mit intellektuell-politischer Brillanz verwöhnt wird.
Macron, Eribon und Houellebecq haben die Messe bereichert
Doch Macron hat zwei Seiten. Gerade seine realpolitische, die das Land wieder wirtschaftlich ankurbeln soll, hat in seiner Heimat erbitterte Gegner. Vor allem auch im intellektuellen Milieu. Die Autoren Didier Eribon und Édouard Louis sind Beispiele dafür, sie wandten sich in Frankfurt zum Teil mit scharfen Worten gegen ihren Präsidenten. Und unterfütterten dabei den glanzvollen und literarisch sehr ergiebigen Gastlandauftritt der Grande Nation mit einer gesellschaftspolitisch gehaltvollen Debatte. Der mittelmäßige Auftritt von Frankreichs Starautor Michel Houellebecq war da nur das I-Tüpfelchen.
Frankreich glänzte mit großer Literatur, kein Gastland der Buchmesse war in den vergangenen Jahren mit derart vielen Übersetzungen ins Deutsche angetreten. Mit Georgien erwartet uns 2018 wieder eine kleinere, wiewohl höchst interessante und ganz andere Literaturnation. Der Buchpreis an den Österreicher Robert Menasse, der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels an die kanadische Autorin Margaret Atwood zum Abschluss der Bücherschau - all das waren und sind Auszeichnungen, mit denen sich die allermeisten Experten im Lande zufrieden zeigten. Kein Zündstoff also auch hier.
Zukunft der Literatur - zwischen Pessimismus und Zuversicht
Bleibt die Debatte über die Zukunft der Literatur - abseits von totgerittenen Auseinandersetzungen über die Zukunft des E-Books (das in Deutschland keine allzu große Rolle spielt). Eine große deutsche Tageszeitung hatte zwei Wochen vor Messebeginn einen zutiefst pessimistischen Ausblick gewagt: Der intellektuelle Resonanzraum im Lande schrumpfe, es gebe kaum noch Bücher, die das Land beschäftigen, überhaupt, gelesen werden kaum noch, und wenn, dann nur noch vorgelesen - bei spaßigen Veranstaltungen wie Lesefesten und Unterhaltungsevents, so die pessimistische Autorin des Artikels. Der Meinung kann man sein.
Doch das Klagen über den Niedergang der Branche ist so alt wie die Branche selbst. Und auch wenn Verlage und Buchhandlungen dicht machen müssen, Umsatzzahlen eher nach unten weisen - der deutsche Buchmarkt ist in seiner Gänze immer noch so reich und überwältigend vielfältig, dass man sich manchmal nur die Augen reiben kann. Das ist auch ein Klagen auf allerhöchstem Niveau. Leute, möchte man den Berufspessimisten zurufen, schaut mal über die Ländergrenzen, gar auf andere Kontinente. Wer nicht genug Anständiges zu lesen hat, der melde sich! Vielleicht wäre dieser deutsche Kulturpessimismus mal ein Thema - für die Buchmesse 2018.