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Kommentar: Gazprom und Schalke

Tobias Oelmaier23. März 2014

Der FDP-Politiker Graf Lambsdorff fordert Schalke 04 auf, sich von Sponsor Gazprom zu trennen. Mit welchem Recht, fragt DW-Redakteur Tobias Oelmaier.

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DW-Sportredakteuer Tobias Oelmaier
Bild: DW / Christel Becker-Rau

Die FDP ist eine politische Partei, die in Deutschland des öfteren das Zünglein an der Waage spielte. Wer mit ihr koalierte, der regierte das Land. So lief das über Jahrzehnte. Inzwischen ist die FDP auf dem Weg in die politische Bedeutungslosigkeit, und so verlässt man schon mal die frühere Leitlinie der liberalen Wirtschaftspolitk.

Alexander Graf Lambsdorff, der Vorsitzende der FDP im Europäischen Parlament, hat jetzt Schalke 04 aufgefordert, die Zusammenarbeit mit dem Hauptsponsor Gazprom zu beenden. "Während Witali Klitschko um politische Stabilität und das wirtschaftliche Überleben für seine Ukraine kämpft, dreht Gazprom schon wieder an der Preisschraube und verlangt ausgerechnet von Kiew einen der höchsten Preise in ganz Europa für das gelieferte Gas", wird Lambsdorff in der Tageszeitung Express (Sonntagsausgabe) zitiert. Gleichzeitig liefen die Königsblauen mit dem Logo der Energie-Wegelagerer in der Bundesliga herum, als ob nichts wäre, so Lambsdorff. "Da schlägt sich Wladimir Putin vor Lachen auf die Schenkel."

Beim ersten Lesen mag man sogar zustimmen. Vor allem angesichts des Nachsatzes: "Schalke 04 ist ein stolzer Verein mit einer großen Geschichte. Es wird Zeit, dass er sich auf seine demokratischen Grundsätze besinnt und einen neuen Sponsor sucht."

Allerdings: Überfordert Lambsdorff da die Schalker und den Sport generell nicht ein wenig? Ein Sonderkündigungsrecht wegen "Spekulationen um Putins Schenkelschlagen" dürfte im Sponsoringvertrag nicht vermerkt sein. Ebenso wenig ein Passus, der die Schalker für den Verlust von geschätzt 15 Millionen Euro pro Jahr entschädigt, zu tragen vom EU-Parlament.

Der Sport soll mal wieder schaffen, was die Politik nicht hinkriegt. In der EU ringen sie um Kuschel-Sanktionen gegen Russland wegen der Annexion der Krim, und dann wird ein einzelner Fußballverein in die Pflicht genommen? Da macht es sich der Herr Lambsdorff von der FDP ein bisschen zu einfach. So wie die Politiker, die einen Sotschi-Boykott verlangten, wie die, die einst westliche Sportler nicht zu den Olympischen Spielen nach Moskau ließen. Natürlich darf sich der moderne Sport nicht komplett aus der Politik heraushalten, aber er darf nicht von ihr vor den Karren gespannt werden, um deren Machtlosigkeit zu überspielen!