Hilft dem HSV nur der Abstieg?
2. Februar 2014Es steht nicht gut um den Bundesliga-Dino. Bislang darf der Hamburger SV von sich behaupten, als einziges Bundesliga-Gründungsmitglied noch nie aus der höchsten Spielklasse abgestiegen zu sein. Doch das könnte sich bald ändern. Denn schaut man sich die 0:3-Niederlage des Hamburger SV gegen 1899 Hoffenheim einmal genauer an, könnte man zwar sagen: Das 0:1 war ein Abseitstor und damit Pech. Doch der HSV verlor nicht durch Pech. Der weitere Spielverlauf offenbarte, warum das Spiel gegen einen direkten Konkurrenten, der zuvor mit 42 Gegentoren die zweitmeisten Gegentreffer kassiert hatte, zu Null verloren ging: Riesige Lücken zwischen den Mannschaftsteilen, vorne harmlos, hinten mit individuellen Fehlern, die selbst von einem mittelmäßigen Gegner bestraft werden. Dazu kein Konzept, kein Kampfgeist und fehlende Laufbereitschaft - acht Kilometer weniger absolvierte die Hamburger Mannschaft als ihr Gegner. So verliert man in der Bundesliga jedes Spiel, auch gegen Teams aus dem unteren Tabellendrittel.
Dazu die Querelen neben dem Platz. Erst die Frauengeschichten von HSV-Star Rafael van der Vaart. Dann die vom Zeitpunkt her ungeschickten Privatreisen von Trainer Bert van Marwijk, der nun mitsamt seiner Mannschaft als "faul" bezeichnet wird. Immer nur wird geredet, anderen die Schuld zu- und auf die Zukunft hingewiesen: Im Sommer vielleicht wird es die lang geforderte Strukturreform geben, der Klub bereitet die Ausgliederung seiner Profiabteilung vor und will sich für Investoren öffnen. Bei einem Abstieg ist dies Makulatur. Wer investiert denn in einen heruntergewirtschafteten Zweitligisten ohne Perspektive?
Handeln, bevor es zu spät ist
Noch bleiben dem Hamburger SV 15 Spiele Zeit. Das ist nicht viel, um die jahrelange Misswirtschaft zu kompensieren. Es sind grundsätzliche, strategische Fehler gemacht worden, wie zum Beispiel das Chelsea-Experiment, das den eigenen Nachwuchs verdrängte. Selbst der Enkel von Klub-Legende Uwe Seeler spielt mittlerweile woanders - in Leverkusen. Zu viel Geld wurde in unüberlegte und kurzfristige Rettungsaktionen gesteckt, dazu machte sich der Verein von einem milliardenschweren Investor abhängig, der nicht nur seinen Lieblingsspieler zurückholte, sondern ebenfalls für Unruhe sorgte, indem er den handelnden Personen wiederholt die Kompetenz absprach.
Solange diejenigen, die die Verantwortung tragen, an ihren Stühlen kleben, wird sich wenig bewegen. Was ein totaler Umbruch bewirken kann, sieht man am Beispiel Hoffenheim und noch drastischer beim 1. FC Köln, ebenfalls ein Bundesliga-Gründungsmitglied, das zunächst lange in der Erstklassigkeit verweilte und es dann erst nach dem fünften Abstieg verstanden hat, sich von Grund auf neu aufzustellen. Mit diesen Vereinen muss sich der HSV messen, nicht mit Bayern, Dortmund oder Schalke. Die 80er Jahre, als der HSV mit dem Sieg des Europapokals der Landesmeister (1983) noch zu den besten Teams Europas zählte, sind lang vorbei. Helfen kann sich der Hamburger SV heute nur noch selbst. Sonst hilft nur noch der Abstieg.