Es ist ein wahrlich historischer Schritt. Eine Annäherung in einem jahrzehntelangen Ringen, einem Auf und Ab. Der Vatikan und die Volksrepublik China haben ein Abkommen über die Ernennung von Bischöfen beschlossen.
Es ist, wie im Titel betont wird, nur "vorläufig". Und es bleibt letztlich unter der eigentlichen diplomatischen Ebene. Es ist kein förmliches Konkordat und es geht nicht um die Aufnahme diplomatischer Beziehungen, erst recht nicht um den Austausch von Botschaftern. Es geht auch nicht um die Streitfrage der Republik Taiwan, welche der Vatikan anerkannt hat und mit der er diplomatische Beziehungen pflegt. Es geht vorerst lediglich um ein Ende der Spaltung der Bischöfe in China.
Spaltung in zwei Kirchen seit gut gut 60 Jahren
Das Gegenüber von Peking und Rom ist eines der großen, spannenden und spannungsreichen Kapitel der Kirchengeschichte. Und es ist oft ein Drama. Seit mehr als tausend Jahren. Zu ihm gehören blutige, blutigste Kapitel mit tausenden Opfern. Märtyrern. Zeiten der Blüte im 16. und 17. Jahrhundert nach der vom Jesuiten Matteo Ricci (1552-1610) angestoßenen China-Mission und Zeiten der grausamen Verfolgung, nicht nur unter Mao Zedong (1893-1976).
Seit gut 60 Jahren gibt es nun eine regime-treue und von Rom nicht anerkannte "Patriotische Vereinigung" sowie eine Rom-treue Untergrundkirche. Das ist kein einfaches Schwarz-Weiß. Dieses Bild hat viele Grautöne. Schon seit mehreren Pontifikaten erkennt der Vatikan immer mal wieder einen regimetreuen Bischof an. Im Gegenzug bekunden einzelne, vom Regime eingesetzte Bischöfe ihre Verbundenheit zu Rom. Und doch: Der Druck auf die Untergrundchristen und die Verfolgung durch den Staat bleiben. In einem Land, das als strenges Regime seine Überwachung auf allen möglichen Wegen perfektioniert.
Dabei ist klar: Unter 1,3 Milliarden Chinesen leben zwar nur wenige Millionen Katholiken, aber wohl doch zig Millionen Christen. Wer nach China reist und dort einen christlichen Gottesdienst besucht, zeigt sich zumeist beeindruckt von der Vitalität der Gemeinden. Und neben dem Hunger nach materiellen Wohlstand nach westlichem Muster ist oft die Rede von florierender Sinnsuche. Dazu passt, dass alle religiösen "Anbieter" - nicht nur die katholische Kirche - gleichermaßen unter massivem Druck des Staates stehen.
Widerstand der strammen Antikommunisten
Seit mehreren Jahren verhandelten römische Gesandte mit chinesischen Gesprächspartnern - gelegentlich auch die Nummer zwei des Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin selbst. Nun das "vorläufige" Abkommen. Etwas fällt auf: Parolin verwies am Samstag zwar zunächst auf die pastorale Sorge des Vatikan für die Gläubigen in China. Aber dann nannte er die Förderung "eines Horizonts des Friedens in einer Zeit, in der wir so viele Spannungen auf internationaler Ebene erleben". Eine Welt in Zeiten der Abschottung, des Populismus, im Niedergang des Multilateralismus - da sucht der Heilige Stuhl Verbindungen statt Spaltung. Und wird nun weiterverhandeln. Dem Provisorium soll eines Tages eine konkretere, weitergehende Vereinbarung folgen.
Dieses Bündnis - es ist ein historischer Schritt. Und ein Wagnis. Es schimpfen nicht nur stramme Antikommunisten in den USA (die seit langem gegen eine Annäherung der Weltkirche an die Führung in Peking argumentieren). Auch Hongkongs Kardinal Zen, 86 Jahre alt, ein feiner Herr, spricht von einem "unglaublichen Verrat", einem "Ausverkauf" der Kirche in China.
Das zeigt: Der Vatikan wagt einen Schritt, der die Erwartungen hoch legt und ihn in die Pflicht nimmt. In Zeiten der Abschottung und Konfrontation setzt er auf den Dialog. Es ist nicht das Schlechteste.