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Kein Olympischer Friede

11. August 2016

Will Russland die Ukraine angreifen, einen offenen Krieg führen, um eine Landbrücke zur Krim herzustellen? Nein, meint Christian F. Trippe - Russlands Präsident Putin spielt ein anderes Spiel mit dem Nachbarstaat.

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Ukraine Kriegsalltag
Bild: picture alliance/AP Photo/Evgeniy Maloletka

Die russische Botschaft in Kiew ist verwaist, die Diplomaten sind abgezogen, nur noch das Wachpersonal harrt aus. Erst vor kurzem ist die Bestellung eines neuen russischen Botschafters gescheitert, weil die ukrainische Regierung ihm das Akkreditiv verweigert hatte. In Moskau wiederum ist seit Monaten schon kein Botschafter aus Kiew mehr auf Posten. De facto also gibt es derzeit keine diplomatischen Beziehungen zwischen den beiden Ländern - ohne dass es jemals zu einem förmlichen Abbruch gekommen wäre.

Kommt der "große" Krieg?

In diesem diplomatischen Schwebezustand mögen Pessimisten ein weiteres Anzeichen für den bevorstehenden "großen" Krieg zwischen den beiden Ländern erkennen. Indizien gibt es in der Tat einige: So werden die Kämpfe an der Demarkationslinie im Osten von Woche zu Woche schlimmer; das Waffenstillstandabkommen von Minsk ist nur mehr blutige Makulatur. Beobachter berichten, dass immer mehr schwere Waffen an die Front gebracht werden. Militärfachleute in Russland und in NATO-Ländern sprechen zudem von Bewegungen russischer Großverbände im Grenzgebiet. Von "Umgruppierung" ist die Rede, oder von einem "Aufmarsch". Bedrohlich klingt beides.

Und jetzt das: Der russische Geheimdienst FSB will eine Terroraktion der Ukrainer auf der Halbinsel Krim vereitelt haben; zwei Russen sollen bei dieser angeblichen ukrainischen Aggression ums Leben gekommen sein. Sofort leitete Russlands Präsident Putin daraus ab, dass es nun kein Gipfelgespräch mehr über das Minsker Abkommen geben soll. Sucht Russland nur noch nach einem Vorwand, um loszuschlagen? Der ukrainische Präsident Poroschenko trifft auf jeden Fall schon Vorsorge und hat seine Truppen in höchste Alarmbereitschaft versetzt.

Trippe Christian F. Kommentarbild App
Christian F. Trippe ist DW-Korrespondent in KiewBild: DW

War nicht der Krieg Russlands gegen Georgien - genau acht Jahre liegt das nun zurück - ebenfalls im August ausgebrochen? Waren nicht auch damals Olympische Spiele, die die Weltöffentlichkeit ablenkten? Wirkt der Westen nicht wie gelähmt - die USA im Wahlkampf, die Europäer geschwächt? Wann, wenn nicht jetzt? - so mögen die Hardliner im Kreml sich fragen und ihren Expansionsgelüsten freien Lauf lassen. Denn aus ihrer großrussisch-imperialen Sicht sollen die Annexion der Halbinsel Krim und die verdeckte militärische Unterstützung für die Separatisten im Donbass sicher nicht das letzte Wort der Geschichte sein.

Verdorbene Party zum Unabhängigkeitstag

Aus derartigen Mutmaßungen, aus Interpretationen militärischer Tatsachen und aus den nackten Fakten der Kämpfe in der Ostukraine mischt sich ein Cocktail, der nach Kriegsangst schmeckt. Ein Gebräu aus der Giftküche des Kreml, dessen Ausdünstungen in Kiew Stress erzeugen und in Brüssel, Berlin und Paris Übelkeit auslösen. Denn Putin will sich mit den militärischen Drohgebärden offenkundig zum Herrn all jener Verfahren machen, die bald schon über das Schicksal der Ukraine entscheiden könnten. Diese Position der Stärke aber würde die russische Führung verlieren, wenn sie um eines Landstreifens in der Ostukraine willen den offenen Krieg riskierte. Die Wirtschaftssanktionen des Westens würden wohl noch einmal verschärft werden und Russlands Wirtschaft weiter schwächen.

Also bleibt Russland fürs erste wohl bei Drohgebärden und Nadelstichen. Am 24. August feiert die Ukraine ein Vierteljahrhundert Unabhängigkeit von Moskau. Offenkundig wollen die Machthaber im Kreml den Ukrainern diese Party gründlich vermiesen.

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