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Kein Rabatt für die Franzosen

Friedrich Schmidt22. September 2014

Manuel Valls ist nach Berlin gekommen. Im Gepäck: miserable Wirtschaftsdaten und die Forderung, Frankreich eine Extrawurst zu braten. Die deutsch-französischen Beziehungen waren schon mal besser, meint Friedrich Schmidt.

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Bundeskanzlerin Angela Merkel und Manuel Valls Premierminister Frankreich PK 22.9.014
Bild: REUTERS/F. Bensch

"Mehr Sparen geht nicht", das ließ der französische Ministerpräsident Manuel Valls schon vor seinem Antrittsbesuch in Berlin wissen. Und sorgte mit dieser Äußerung bei vielen für Unverständnis. Selbst Frankreichs Notenbankchef Noyer fordert mehr Sparanstrengungen von seiner Regierung.

Valls ist vor fünf Monaten als entschlossener Reformer angetreten. Davon ist heute nur noch wenig zu sehen. Die 35-Stunden-Woche bleibt, der gesetzlich festgelegte Mindestlohn wird nicht angetastet. Eine Erhöhung des Rentenalters kommt nicht in Frage.

Leere Versprechungen Frankreichs

Zweimal hat die EU Frankreich schon Aufschub gewährt, Strukturreformen durchzuführen, die starren Arbeitsmarktregelungen aufzubrechen, um die Wirtschaft aus dem Klammergriff des Staates zu lösen und damit international wieder konkurrenzfähig zu machen. Versprechungen auf französischer Seite gab es viele. Sie entpuppten sich leider meist als Sprechblasen.

Ob sich das nach dem Gespräch Valls mit der Bundeskanzlerin ändern wird? Er könne die Zweifel am französischen Reformkurs verstehen, sagte Valls in Berlin. Die Deutschen müssten aber mehr Vertrauen haben. Seine Regierung werde liefern und ihrer Verantwortung gerecht werden. Die Reformen umzusetzen und auf Sparkurs zu bleiben, liege im Interesse Frankreichs.

Wahre Einsicht, oder einmal mehr nur ein leeres Versprechen? Gerade wegen der niedrigen Inflation könnte die französische Regierung mehr sparen und ihren Haushalt sanieren. Doch Frankreich wird das EU-Defizitziel von drei Prozent der Wirtschaftsleistung weiter auf Jahre verfehlen. Die wirtschaftliche Bilanz Frankreichs ist verheerend, die Arbeitslosigkeit ist auf Rekordniveau, die Umfragewerte des Präsidenten sind am Boden. Die Angst geht um in Frankreich wegen des Erstarkens des rechtsradikalen Front National von Marine le Pen.

Bezeichnendes Europaverständnis

Das alles sieht Ministerpräsident Valls offenbar nicht als Folge einer verfehlten Wirtschafts- und Finanzpolitik der regierenden Sozialisten. Vielmehr erweckt er den Eindruck, das "Spardiktat" der Deutschen habe Frankreich in die Rezession getrieben und damit indirekt auch den Front National stark gemacht. "Frankreich entscheidet allein, was es zu tun hat", sagte Valls in seiner jüngsten Regierungserklärung. Gleichzeitig erteilte er den Deutschen Lehren, wie sie sich ihrer Verantwortung in Europa zu stellen hätten. Das wirft ein bezeichnendes Licht auf das Europaverständnis der französischen Regierung. Und das sollte die Kanzlerin dem französischen Ministerpräsidenten nicht durchgehen lassen.

Kommentarfoto Friedrich Schmidt Hauptstadtstudio
Friedrich Schmidt, Korrespondent im HauptstadtstudioBild: DW/S. Eichberg

Die Kanzlerin ist natürlich in der Zwickmühle. Sie kann einen offenen Konflikt mit Frankreich nicht gebrauchen, denn in der EU geht kaum etwas, wenn es zwischen Frankreich und Deutschland klemmt. Auch deshalb ist es so wichtig, dass Frankreich wieder auf die Beine kommt und einigermaßen auf Augenhöhe agieren kann. Wie stark Merkels Zweifel an Frankreich sind, ließ die Kanzlerin nach dem Gespräch mit Valls nicht erkennen. Stattdessen lobte sie die französischen Reformanstrengungen, pochte aber auf die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes in Europa.

Frankreich muss Reformen angehen

Frankreich sollte nicht politischen Rabatt verlangen, den kleinere Mitgliedsstaaten wie Portugal, Irland oder Griechenland nicht erhalten haben, sondern Reformen mutig angehen. Sonst läuft die EU Gefahr, unglaubwürdig zu werden. Und der Wachstum- und Stabilitätspakt wäre endgültig das, was Kritiker schon immer bemängeln: ein Papiertiger.

Niemand verlangt von den Franzosen, dass sie leben sollen wie die "neoliberalen" Briten oder US-Amerikaner. Aber sie werden einsehen müssen, dass ein einfaches "weiter so" nicht möglich ist in Zeiten der Globalisierung.