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Klopps zweite Heimat

Deutsche Welle-Redakteur Mark Hallam (Foto: DW)
Mark Hallam
9. Oktober 2015

Der Verein, die Stadt, die Hymne, die Fans: Bei der Klopp-Kop-Hochzeit scheint alles zu passen. Das ist zumindest die schwärmerische Sicht von DW-Reds-Fan Mark Hallam.

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Klopp vor BVB Fans mit meisterschale Sonnenbrille
Bild: Picture-alliance/dpa/T. Silz

Jürgen Klopps letzter Besuch in Anfield, bei einem Freundschaftsspiel im Sommer 2014, endete mit einer 0:4-Niederlage. Das ist sicher kein Resultat, das Trainern schmeckt. Dennoch beobachteten die Kameras, wie Klopp das Anfield-Schild auf dem Weg zum Spielfeld streichelte.

Man kann die Liebe fast fühlen. "Echte Liebe" sogar? Nach dem Spiel stand er in der Mitte des Spielfeldes, die Hände in den Hüften, und sah sich in aller Ruhe die Zuschauer im ausverkauften Stadion an.

Das bebrillte Energiebündel an der Seitenlinie "outete" sich bei diesem Besuch als Liverpool-Fan. Und auch dem BVB gelang es, die guten Seiten dieser demütigenden Niederlage in der Saisonvorbereitung zu sehen; damals, als auch Liverpools Ex-Trainer Brendan Rodgers noch als heiße Trainer-Ware angesehen wurde.

Jürgen Klopp hätte niemals zu Manchester City oder Chelsea gehen können. Bei jedem Heimspiel würde er sich fragen, ob all die Lieder von der BVB-Südtribüne sein Gehör beschädigt hätten. Eine Frage würde ihm wohl ständig durch den Kopf gehen: "Wo sind eigentlich die ganzen Fans?"

Anfield kann Klopp die Art von Hexenkessel bieten, die er sich bei Heimspielen ersehnt. Kein Zweifel: Die ersten personalisierten Klopp-Gesänge werden schon gedichtet in den Bars der Merseyside. Außerdem werden die Fans das "You'll Never Walk Alone" vor jedem Spiel regelrecht herausdonnern, genau wie die schwarz-gelbe Armee im Pott. Trotz der exorbitanten Ticketpreise der Premier League füllt noch immer ein wahres Aufgebot von "Scousers", also echten Liverpooler Hafenarbeitern, die Sitze. Die Stammzuschauer auf dem Kop erwarten den gleichen totalen körperlichen Einsatz, den auch Klopp von seinen Spielern fordert. Und genau wie die Südtribüne in Dortmund helfen sie dabei, diesen abzurufen.

Wiedergutmachung für Magath

Die Premier League ist nicht gerade unbekannt dafür, sich Talent zu importieren - auf und neben dem Feld. Deutschland war dabei aber, was die Trainerbank betrifft, nie wirklich gut vertreten. Bisher hat nur Felix Magath von dort aus Spielen beigewohnt, bei seinem missglückten Versuch, Fulham vor dem Abstieg zu retten. Was deutsche Debüts angeht, war Magaths siebenmonatiger Abstecher katastrophal und bleibt am ehesten für kuriose, käsebasierte Wunderheilungen in Erinnerung, die nicht funktionierten.

Die Chancen für Klopp stehen weit besser. Er übernimmt kein Team in großer Abstiegsgefahr und die Erwartungen an seine erste Saison in der Verantwortung sollten realistisch genug sein.

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Mark Hallam

Liverpool ist bisher auch nicht für ein sich besonders schnell drehendes Trainerkarussell bekannt. Die Reds mögen ihre alte "Boot Room Tradition" verlassen haben, nach der Trainer aus dem eigenen Stab befördert werden, aber Langlebigkeit bleibt ein Grundprinzip an der Merseyside. Rodgers hatte drei Spielzeiten lang die Verantwortung. Die beiden großen ausländischen Vordenker, Gerard Houllier und Rafa Benitez, trainierten Liverpool für jeweils sechs Jahre.

Auf personeller Seite wird Klopp schnell eine Verbindung mit dem frisch in der Nationalelf angekommenen Emre Can aufnehmen können - Liverpools erstem deutschem Nationalspieler seit Dietmar Hamann. Der frühere Leverkusener Nachwuchsspieler Samed Yesil spricht Kloppos Sprache, genauso wie der ehemalige Hoffenheimer Firmino. Nach dem behäbigen Start des teuren Brasilianers in die Saison könnte ein Coach, dessen Sprache und System er versteht, sich als unbezahlbar herausstellen.

Nur ein Ziel - aber ist es erreichbar?

Wie in Dortmund und Mainz zuvor wird Klopp Zeit bekommen, sich einzufinden und zu wachsen. Früher oder später aber wird er einen Fluch aufheben müssen. Borussia Dortmund hatte neun Jahre Warten hinter sich, als Klopp 2011 den ersten der beiden Meistertitel lieferte. Die Reds, einst Englands erfolgreichster Club überhaupt, haben ein Vierteljahrhundert ohne Ligatitel hinter sich. Als Liverpool zum letzten Mal die "Barclays Premier League" gewann, hieß diese noch "First Division" - und Klopp, 22 Jahre alt, wechselte gerade nach Mainz, um dort seine Zweitliga-Spielerkarriere zu starten.

Seitdem hat Liverpool Titel in Hülle und Fülle gewonnen - sogar die Champions League -, aber der wirklich große Preis blieb ihnen verwehrt. Und die historischen Rivalen von Manchester United übernahmen den Titel des Rekordmeisters.

Wenn Klopp diesen 25-jährigen Fluch vertreiben kann - und das haben schon viele gute Männer versucht -, würde er ein Straßenfest erleben, das selbst Dortmunds wilde Ausschweifungen von 2011 und 2012 Konkurrenz macht. Knack diese Nuss, Jürgen Klopp, und Anfield wird für immer deine zweite Heimat sein.