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Kommentar: Kunst als schnöde Geldanlange

Jochen Kürten10. April 2014

Nie zuvor wurde so viel Geld für Kunst ausgegeben wie im vergangenen Jahr. Gemälde und Skulpturen erzielen Rekordpreise. Kunst ist zum Renditeobjekt geworden, meint Jochen Kürten.

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Deutsche Welle Joachim Kürten
Jochen Kürten, Kulturredaktion der Deutschen WelleBild: DW/P. Henriksen

Auch in Köln kann man sich in den kommenden Tagen wieder mit Kunst eindecken. Die altehrwürdige Kunstmesse Art Cologne öffnet ihre Pforten und breitet vor dem kunstinteressierten Publikum ihr Angebot aus. Klassiker der Moderne und Zeitgenossen werden dort zu vernüftigen Preisen gehandelt. Und das ist gut so. Auch in Köln wird das ein oder andere Millionenobjekt über den Galeristentisch gehen. Doch der Umsatz der Kölner Messe wird im Vergleich zur Konkurrenz aus Basel oder Maastricht bescheiden ausfallen. Die dort erzielten Preise liegen um ein Vielfaches höher.

Und selbst die teuren Gemälde und Kunstobjekte, die auf der Art Basel oder der TEFAF in Maastricht verkauft werden, sind immer noch "billig" im Vergleich zu den Werken, die bei den großen Auktionshäusern versteigert werden. Dort begegnet man Summen, die viele Beobachter der Szene als "obszön" bezeichnen. Diesem Urteil kann man sich anschließen. Christie's und Sotheby's erzielten im vergangenen Jahr Rekorderlöse. Das Londoner Auktionshaus Christie's vermeldete 2014 mit 7,1 Milliarden Dollar den höchsten Erlös seiner Geschichte. Bei der Konkurrenz von Sotheby's war man mit 6,3 Milliarden Dollar kaum bescheidener.

Explosion der Preise

Und noch ein paar Zahlen: Christie‘s erzielte bei seiner Herbstauktion für zeitgenössische Kunst an einem einzigen Tag die sagenhafte Summe von 692 Millionen Dollar. Die Rekorde für einzelne Künstler purzelten gleich dutzendfach. Francis Bacons Triptychon "Three Studies of Lucien Freud" wurde für 142 Millionen Dollar verkauft. Jeff Koons ballonartige orangenfarbene Stahlskulptur "Balloon Dog" war einem Käufer 58 Millionen wert.

Was ist los in der Welt der Kunst? Die allermeisten Käufer der ultrateuren Bilder und Skulpturen gehören zum Klientel, das sich auch sonst mit Luxuswaren jeglicher Art eindeckt. Statt einer zweiten Luxusjacht ein neuer Warhol. Statt der soundsovielten Penthousewohnung über den Dächern einer der Metropolen der Welt ein Bild von Gerhard Richter oder Marc Rothko. Wohin soll man sein Geld auch sonst investieren - bei den derzeitig lächerlichen Renditen?

Deutschland spielt eine Nebenrolle

Knapp 2200 Milliardäre gibt es nach aktuellen Erhebungen weltweit. Hinzugekommen sind in jüngster Zeit vor allem Chinesen. Auch ein paar Südamerikaner und osteuropäische Oligarchen. Die Scheiche aus den Ölstaaten mischen schon seit Jahren kräftig mit. Und dann sind da natürlich die Milliardäre aus den USA und der alte und neue Geldadel aus den europäischen Staaten, aus Großbritannien, Frankreich, Italien und der Schweiz.

Deutschland spielt in diesem Zusammenhang nur eine untergeordnete Rolle. Auch hier gibt es viele Reiche. Doch die investieren kaum in superteure Kunst. Im mittleren Preissegment hingegen ist Deutschland eine der führenden Nationen der Welt. Ein Dutzend Auktionshäuser, ein paar Kunstmessen, das normale Galeriengeschäft - all das läuft hier gut. Preis-Exzesse sind hierzulande hingegen kaum zu beobachten. Das macht den deutschen Kunstmarkt geradezu sympathisch. Es gibt in Deutschland nicht die exzentrischen Milliardäre, die mit Kunst protzen. Die sich brüsten, jetzt auch Eigentümer eines Andy Warhol oder eines Pablo Picasso zu sein.

Kunst als Renditenobjekt

Kunst ist weltweit zur schnöden Ware geworden, zum Anlageobjekt. Die Kunstwelt hat sich in zwei Richtungen entwickelt. Die eine Richtung hat mit Qualität, mit formalen und inhaltlichen Auseinandersetzungen oft nichts mehr zu tun. Was teuer ist, muss nicht unbedingt wertvoll sein - zumindest nicht aus ästhetischer Sicht.

Natürlich gibt es auch anerkannte Künstler, deren Werke hoch gehandelt werden. Aber Kunsthandwerker wie Jeff Koons oder Damian Hirst kann man getrost als clevere Vermarkter von fast maschinell hergestellten Renditeobjekten bezeichnen. Was lehrt uns das alles?

Die Welt der Kunst hat sich aufgespalten. Der kommerzielle Aspekt spielt in einem Teil der Kunstwelt inzwischen eine größere Rolle als der inhaltlich-formale. Über Kunst wird im Wirtschaftsteil der Zeitungen fast ebenso häufig berichtet wie im Feuilleton. Feinsinnige Beobachter wird das irritieren. Viele sprechen schon von einer "perversen Entwicklung" auf dem Kunstmarkt. Doch diese Entwicklung spiegelt nur das wider, was die Welt in anderen Bereichen vorlebt. Die Schere zwischen Arm und Reich öffnet sich immer mehr, und die Superreichen müssen halt schauen, wie und wo sie ihr Geld anlegen.