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Machtpolitiker auf Berlin-Besuch

Nina Werkhäuser4. Februar 2014

Bei seinem Besuch in Deutschland hat der türkische Ministerpräsident Erdogan erneut für einen EU-Beitritt seines Landes geworben. Noch wichtiger war ihm aber seine eigene politische Zukunft, meint Nina Werkhäuser.

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Merkel und Erdogan PK in Berlin 04.02.2014
Bild: picture-alliance/AP

Auf seinen Deutschland-Reisen spielt der türkische Ministerpräsident gerne den Part des fürsorglichen Onkels, der sich um seine Angehörigen im Ausland kümmert und für ihre Rechte eintritt. Gibt es Probleme beim Zusammenleben, dann verpasst Recep Tayyip Erdogan der Bundesregierung schon mal einen Tritt vors Schienbein. Unvergessen ist seine Bemerkung, Assimilation sei ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit, türkischstämmige Kinder müssten auch in Deutschland zuerst Türkisch lernen.

Diesmal hatte Erdogan an der Integrationspolitik nichts auszusetzen, er bedachte sie sogar mit Lob. Der autoritäre Machtpolitiker sorgt sich im Moment vor allem um seine eigene Zukunft - und schlug deswegen in Berlin einen versöhnlichen Ton an.

Zwar ist Erdogan immer noch der starke Mann in der Türkei, seine islamisch-konservative AKP dominiert die Parteienlandschaft. Doch der Korruptionsskandal und Erdogans Eingriffe in den Polizei- und Justizapparat haben ihm ebenso geschadet wie seine Härte gegenüber den Demonstranten im Gezi-Park. Die Beitrittsverhandlungen mit der EU gestalten sich äußert kompliziert, Worte und Taten der Regierung in Ankara passen hier oft nicht zusammen. Für eine demokratische Weiterentwicklung der türkischen Gesellschaft scheint Erdogan jedenfalls keine Visionen zu haben.

Botschaft an die Landsleute

Seit seinem Amtsantritt 2003 kennt der erfolgsverwöhnte Ministerpräsident nur Wahlsiege, nun liebäugelt er mit dem Amt des Präsidenten. Der wird im Sommer erstmals direkt vom Volk gewählt. Sollte Erdogan kandidieren, dann braucht er auch die Stimmen der Auslandstürken. In Deutschland lebt die größte Gemeinde in Europa, deutlich mehr als eine Million Türken hierzulande sind wahlberechtigt. Hoch zufrieden verkündete Erdogan daher im Kanzleramt, dass seine Landsleute an sieben Orten in Deutschland ihre Stimme abgeben dürfen, eine Premiere. Mehrheitlich unterstützten sie bisher Erdogan, dessen Begegnung mit seinen Landsleuten unter dem Titel "Berlin trifft den großen Meister" stand.

Wie ein großer Meister trat Erdogan bei seinem offiziellen Besuchsprogramm allerdings nicht auf. Seine nichtssagende Rhetorik zur erwünschten EU-Mitgliedschaft wirkte eher wie eine Pflichtübung. Auf diese Weise wird er Skeptiker wie Bundeskanzlerin Angela Merkel nicht überzeugen. Sie brachte erneut ihre Bedenken gegenüber einem EU-Beitritt zum Ausdruck, und die jüngsten Entwicklungen in der Türkei geben ihr Recht.