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Kommentar: Mammut-Aufgabe im Kosovo

21. Februar 2008

Für den Unabhängigkeitswunsch der albanischen Kosovaren gab es kein Halten mehr. Doch nach der Abspaltung des Kosovo von Serbien beginnt erst die Arbeit, insbesondere für die EU. Verica Spasovska kommentiert.

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Bild: DW

Die Jubelstürme in Pristina dürfen nicht darüber hinweg täuschen, dass mit der Unabhängigkeit des Kosovo keineswegs alle Probleme auf dem Balkan gelöst sind. In Wirklichkeit fangen viele erst jetzt richtig an. Zunächst einmal dürften sich hochfliegende Erwartungen mancher Kosovo-Bürger nicht so schnell erfüllen, dass mit der Unabhängigkeit automatisch massenhaft ausländische Investoren ins Land kommen werden. Vielmehr könnte ein mögliches Wirtschaftsembargo der serbischen Regierung - die Kappung von Strom- und Lebensmittellieferungen, Internet-, Telefonverbindungen und der Wasserversorgung - den Alltag der Menschen im Kosovo erst einmal zusätzlich erschweren.

Viele Risiken

Ohne die großzügige Unterstützung durch die Europäische Union wird das Land sich nicht aus der jahrelangen wirtschaftlichen Agonie befreien können. Aber angesichts der Erfahrungen mit vorangegangenen ausländischen Hilfen in Milliardenhöhe sollte die Erwartung, dass diese Hilfen schnell greifen und zu einem raschen wirtschaftlichen Aufschwung führen, nicht allzu groß sein.

Weitaus komplizierter als die wirtschaftliche Perspektive ist jedoch die Frage, ob es der internationalen Gemeinschaft gelingen wird, einen wirklich demokratischen Staat aufzubauen, dem es gelingt, alle Bürger zu integrieren. Denn es ist durchaus möglich, dass die 120.000 Serben im Kosovo mit Unterstützung der Regierung in Belgrad die Zusammenarbeit mit der Regierung in Pristina verweigern und parallele Strukturen aufbauen. Schlimmstenfalls könnte langfristig ähnlich wie in Nordzypern ein "eingefrorener Konflikt" entstehen.

Prüfung für Belgrad

Für die fragile Koalition in Belgrad bedeutet die Unabhängigkeitserklärung in Pristina erneut eine schwere Prüfung. Denn der national-konservative Ministerpräsident Kostunica hat klar gemacht, dass er im Falle der Anerkennung des Kosovo durch europäische Staaten alle Abkommen, die Serbien an die EU heranführen können, ablehnen wird. Präsident Tadic hingegen will seine pro-europäische Haltung nicht aufgeben. Gleichzeitig stärkt die Serbische Radikale Partei ihre Position als stärkste Fraktion im Parlament. Spätestens bei den Kommunalwahlen im Mai dürfte Serbien erneut vor der alles entscheidenden Richtungsfrage stehen: dem Weg in die EU oder der Annäherung an Russland.

Zündstoff für Nachbarländer

Der umstrittene Schritt in die Unabhängigkeit liefert zudem den zentrifugalen Kräften in den Nachbarrepubliken, wie der serbischen Entität in Bosnien-Herzegowina, neuen Zündstoff. Zwar werden die bosnischen Serben die Unabhängigkeit und den Anschluss an Serbien wohl kaum offiziell einfordern - der internationale Druck ist zu groß -, aber mit Verweis auf das Kosovo werden sie auch künftig immer wieder ausprobieren, wie weit sie die Zentralorgane in Sarajevo blockieren können.

Der Blick auf Bosnien, das seit über zehn Jahren unter internationaler Kontrolle steht, zeigt auch recht nüchtern, wo die Grenzen einer "kontrollierten Unabhängigkeit" sind. Schon fragen manche hinter vorgehaltener Hand, wie lange sich die Kosovo-Albaner das von der EU diktierte Halbprotektorat gefallen lassen werden? Eine gewisse Beruhigung bedeutet in diesem Zusammenhang die Anwesenheit von 16.000 NATO-Soldaten, die in der Lage sein sollten, größere gewaltsame Ausschreitungen zu verhindern.

Mammut-Aufgabe für die EU

Doch der Europäischen Union, deren große Mehrheit das Kosovo diplomatisch anerkennen wird, ist klar, dass die Befriedung des Balkan eine Mammut-Aufgabe bleibt. Ein Ausweg aus dem Dilemma gibt es wohl nur dort, wo nationale Grenzen irgendwann nur noch eine untergeordnete Rolle spielen werden: erst wenn sowohl Kosovo als auch Serbien Mitglieder in der Europäischen Union sind, könnte der Balkan langfristig zur Ruhe kommen. Bis dahin ist es noch ein weiter Weg.

Verica Spasovska, DW Mittel- und Südosteuropa