Menschenrechte gelten überall
Ein Mitglied der Steinmeier-Delegation hat es so formuliert: "Unsere Linie ist: Wir reden mit jedem." Eben auch mit den autoritär regierenden Präsidenten Usbekistans und Tadschikistans. Zentralasien gilt als geostrategisch wichtig - dort treffen die Interessen Russlands und China aufeinander. Russland ist vor allem um seine politische Einflusssphäre bemüht, China um seine wirtschaftliche. Erfolgreich sind sie auf ihre Art beide. Für Deutschland bleibt da nur eine Nebenrolle. Aber auch mit Nebenrollen lassen sich Preise gewinnen, wenn sie gut gespielt werden.
Defizite beim Umgang mit Menschenrechten
Alle drei Staaten, die Frank-Walter Steinmeier in den vergangenen Tagen bereist hat, haben Defizite beim Umgang mit den Menschenrechten. Das trifft auch auf die einzige parlamentarische Demokratie in der Region zu, auf Kirgistan. Wesentlich brutaler aber gehen die Regime in Usbekistan und Tadschikistan gegen ihre Bevölkerung vor. Die Rechtfertigung liefert der islamistische Extremismus: Unter dem Vorwand der Terrorismusbekämpfung wird die Ausübung der Religion überwacht, werden Oppositionelle eingesperrt, gefoltert, aus dem Land vertrieben.
International gelten diese Regierungen als Bollwerk gegen den islamistischen Extremismus, den Terror im Nahen Osten genauso wie gegen den aus der unmittelbaren Nachbarschaft, aus Afghanistan. Auch Steinmeier spricht mit diesen Staatslenkern immer wieder über die Sicherheits- und Stabilitätsrisiken, die sich daraus ergeben. Und er lädt für Ende Mai zu einer großen internationalen Konferenz zum Thema islamischer Terrorismus ein, unter dem Dach der OSZE dann. Deutschland hat in der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) derzeit den Vorsitz.
Der Kampf gegen den Terror rechtfertigt nicht alles
Das Thema Terrorbekämpfung ist so wichtig, dass es gerechtfertigt ist, Kritik am Umgang mit den Menschenrechten durch den Bundesaußenminister nur kurz und diplomatisch zu formulieren…Selbstverständlich rechtfertigt es das nicht! Hier eine Analogie zur eingangs zitierten Grundlinie der deutschen Außenpolitik zu fordern, liegt nahe: Wer mit den Despoten redet, muss mit ihnen auch über die Menschenrechte reden - und das nicht nur vertraulich, wie es sicher geschieht, sondern auch öffentlich.
Radikalisierung in dieser Region findet nicht nur statt aus Frustration im eigenen Land. Enttäuschung über den Westen, der zuhause über Werte spricht, aber sie draußen nicht energisch vertritt, verstärkt den Frust. Der Außenminister sollte mit jedem reden. Über Menschenrechtsverletzungen aber auch öffentlich und nicht nur in einer undramatischen Fußnote am Ende seiner offiziellen Auftritte.
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