Obamas Ehrgeiz ist verflogen
"Change and hope" - überall einen Neuanfang wagen, auch in der Außenpolitik. Das versprach einst ein eloquenter US-Präsidentschaftskandidat. Barack Obama wollte nach seiner Wahl Frieden in den Nahen Osten bringen. Tatsächlich unternahm er viele Versuche, Israelis und Palästinenser zu einem Kompromiss zu bewegen. Vergebens. Inzwischen ist er bescheiden geworden. Der Präsident hofft, dass sich an diesem Montag Israels Premier Benjamin Netanjahu zumindest mit den Lippen zu einer Zwei-Staaten-Lösung bekennt. Dabei weiß Obama: Israel baut seine Siedlungen im Westjordanland weiter aus, und die Palästinenser schwören nicht der Gewalt ab.
Der Frieden im Nahen Osten wird ein Traum bleiben, vorerst zumindest.
Angespanntes Verhältnis
Immerhin gelang ein Atom-Abkommen mit Iran. Obama feiert die Übereinkunft als großen Erfolg. Israels Regierungschef hingegen hat alle Hebel in Bewegung gesetzt, um die Vereinbarung mit Teheran zu torpedieren. Damit hat er die ohnehin gespannten Beziehungen zu den USA belastet. Beide Politiker trauen einander nicht über den Weg.
Doch sie sind Profis. Sie haben kein Interesse daran, Streitigkeiten öffentlich auszutragen. Sie spielen auf Zeit. Obama ist noch ein Jahr im Amt. So lange wird es keine neue Nahost-Politik geben.
Netanjahu will die Zeit dennoch nutzen. Schließlich hat sich Obama bei den Verhandlungen mit dem Iran stets zu Israels Sicherheit bekannt. Daran wird ihn Netanjahu im Weißen Haus erinnern. Der Premier möchte eine milliardenschwere Sicherheitspartnerschaft mit Washington fortsetzen: Ein entsprechendes "Memorandum of Understanding" läuft 2018 aus. Netanjahu wünscht sich ein vergleichbares Abkommen mit zehnjähriger Laufzeit. Das würde helfen, Israels Armee zu finanzieren und zu modernisieren.
Obama steht ein schwieriger Balanceakt bevor. Der US-Präsident muss aus innenpolitischen Gründen viele Wünsche der Israelis nach neuen Waffen erfüllen. Aber eben nicht alle. Denn andere US-Partner in der Region - etwa Ägypten, Saudi-Arabien oder Jordanien - haben ebenfalls Sicherheitsinteressen. Auch darauf muss das Weiße Haus Rücksicht nehmen.
Erlahmendes Interesse
Die tektonischen Gewichte der Sicherheitspolitik verschieben sich. Während der Iran über keine einzige Atombombe verfügt, entwickelte sich sein Nachbar Pakistan seit 1998 zur drittgrößten Atommacht. Schätzungen zufolge besitzt Islamabad 120 nukleare Gefechtsköpfe. Pakistan missachtet internationale Proliferations-Abkommen. Es verkauft sein atomares Know-how sogar an Schurken-Regime wie Nordkorea. Damit gefährdet es die Sicherheit der USA viel mehr, als es der Iran je konnte.
Obamas Misserfolge beim Friedensprozess im Nahen Osten haben viele in Washington ernüchtert. Die Lage ist verfahren, in Syrien, im Irak und anderswo. Hinzu kommt der niedrige Ölpreis. Washingtons Interesse für den Nahen Osten erlahmt. Es ist lukrativer, nach Ostasien zu blicken. Dort lässt sich Geld verdienen. Die Konflikte im Nahen Osten - sie kosten nur Geld.
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