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Olaf Scholz ist der Richtige, aber…

10. August 2020

Die SPD prescht mit einem Kanzlerkandidaten vor, der fraglos das Zeug hat, Angela Merkel zu beerben. Marcel Fürstenau findet das mutig, aber auch komisch.

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Deutschland Bundestag | Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Olaf Scholz (SPD)
Er will ihr Nachfolger werden: Die SPD macht Finanzminister Olaf Scholz zu ihrem KanzlerkandidatenBild: picture-alliance/dpa/K. Niefeld

So viel Entschlossenheit haben wohl nur Wenige der so oft taumelnden und zaudernden Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) zugetraut: Finanzminister Olaf Scholz soll für sie das Kanzleramt erobern. Überraschend ist weniger die Personalie. Einen Besseren findet die Partei nicht. Bemerkenswert ist vielmehr der Zeitpunkt, denn der nächste Bundestag wird erst im Herbst 2021 gewählt. Es sei denn, die Koalition mit Angela Merkels Christdemokraten (CDU) und deren bayrischer Schwesterpartei CSU platzt vorher noch. Doch damit ist überhaupt nicht zu rechnen. Schon gar nicht in Corona-Zeiten, in denen das Duo Merkel/Scholz Deutschland mit deutlich geringeren Opferzahlen als viele andere Staaten durch die Krise führt.

Der Finanzminister ist neben der Kanzlerin und Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) das Gesicht dieser Krise - im positiven Sinne. Mit ruhiger Hand und Entschlossenheit brachte Scholz milliardenschwere Hilfspakete auf den Weg, um die deutsche Wirtschaft und die Gesellschaft insgesamt vor dem Schlimmsten zu bewahren. So sieht es auch die Bevölkerung. Sie honoriert das besonnene Agieren des früheren Ersten Bürgermeisters der Elbmetropole Hamburg mit hohen Sympathiewerten. Scholz ist der mit Abstand beliebteste SPD-Politiker.

Olaf Scholz ist nicht die SPD - und umgekehrt

Sein Problem und das der Partei: Die SPD verharrt trotzdem im Umfragetief. Im aktuellen Deutschlandtrend kommt sie auf frustrierende 15 Prozent. Und auf diesem Niveau bewegt sie sich seit über einem Jahr. Von einem Corona-Bonus dank Scholz kann also keine Rede sein. Mit dem inzwischen chronisch fehlenden Rückhalt in der Bevölkerung überhaupt noch einen Kanzlerkandidaten aufzustellen, mutet fast schon komisch an. Es ist aber auch mutig, weil die SPD für Klarheit sorgt - nach innen und nach außen.

Deutsche Welle Marcel Fürstenau Kommentarbild ohne Mikrofon
DW-Redakteur Marcel FürstenauBild: DW

Ob die latent streitsüchtigen Sozialdemokraten dem Votum der Partei-Spitze tatsächlich geschlossen und ohne Störgeräusche folgen, ist alles andere als sicher. Zu oft hat die SPD in jüngerer Vergangenheit ihr Top-Personal geradezu brutal fallen lassen. Der 2017 gescheiterte Kanzlerkandidat Martin Schulz kann ebenso ein Klagelied davon singen wie seine kurzzeitige Nachfolgerin im Parteivorsitz, Andrea Nahles. Allerdings: Sollte die SPD aus diesen Desastern ihre Lehren gezogen haben, besteht doch noch ein Fünkchen Hoffnung für sie und ihren designierten Kanzlerkandidaten.

Eine Sorge ist die SPD schon los: Angela Merkel

Scholz hätte schon mal einen Vorteil: Er müsste nicht gegen die übermächtige Angela Merkel antreten, die keine fünfte Amtszeit anstrebt. Wer für CDU und CSU ins Rennen geht, ist noch offen. Der ohnehin schon populäre Scholz kann in der Zwischenzeit also weiter sein Profil schärfen und seine Eignung für das höchste Regierungsamt unter Beweis stellen. Dazu gehört auch und vor allen Dingen, sich glaubwürdig programmatisch festzulegen. Und das dürfte schwierig werden.

Scholz ist der Prototyp des Sozialdemokraten, der die politische Mitte bei Wahlen für entscheidend hält. Mit dieser Strategie triumphierte der bisher letzte SPD-Kanzler Gerhard Schröder 1998 über den zuvor 16 Jahre regierenden Helmut Kohl (CDU). Nach Schröders zweiter Amtszeit, die 2005 vorzeitig endete, konnte und wollte sich die SPD nicht mehr so richtig entscheiden, welchen Kurs sie einschlagen soll. Die amtierenden Vorsitzenden Saskia Esken und Norbert Walter-Borjans stehen eindeutig für einen linken Kurs. Damit setzten sie sich Ende 2019 in einer Mitgliederbefragung durch - gegen Olaf Scholz.

Die Basis tickt links - Scholz nicht

Die Basis tickt also eindeutig links. Ob die sich für einen klassischen Vertreter der Mitte erwärmen kann, darf bezweifelt werden. Außerdem schließt die SPD ein Bündnis mit der Linken nicht mehr aus. Kanzler Scholz in einer Bundesregierung mit den Sozialisten? Schwer vorstellbar. Ganz abgesehen davon, dass selbst eine rot-rot-grüne Koalition im Moment weit von einer rechnerischen Mehrheit entfernt ist. Kurzum: Ein Kandidat Olaf Scholz könnte der SPD Aufwind verschaffen. Dass dieser aber kräftig genug wird, um den Vize-Kanzler zum Nachfolger Angela Merkels zu machen, glauben aber wahrscheinlich nur ganz große Optimisten.

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Marcel Fürstenau Autor und Reporter für Politik & Zeitgeschichte - Schwerpunkt: Deutschland