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Ranges Rache

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Marko Langer
4. August 2015

Wenn einer nichts zu verlieren hat und aus Überzeugung handelt, ist er gefährlich. Doch Bundesanwalt Range ist auch politischer Beamter und kein Richter. Das verschweigt er in seinem Angriff auf Berlin, so Marko Langer.

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Harald Range
Bild: picture-alliance/dpa

"Wir stehen jeden Tag staunend auf's Neue davor", sagte Netzpolitik-Gründer Markus Beckedahl unmittelbar nach der Erklärung des Generalbundesanwalts. Da hat der Blogger recht. Kaum zu glauben, was uns das justizpolitische Sommertheater präsentiert. Die nächsten Akte dürften noch spannender werden.

Wir hätten es schon am Montag ahnen können. Die Bundeskanzlerin ließ erklären, Justizminister Heiko Maas habe ihre volle Unterstützung. Wenn so über ein Kabinettsmitglied gesprochen wird, könnte es politisch eng werden. Der Sozialdemokrat Heiko Maas ringt spätestens seit dieser Äußerung ums politische Überleben. Während sein Kontrahent in Karlsruhe ohnehin nächstes Frühjahr in den Ruhestand geht.

Ein Gutachten, und noch eines...

Generalbundesanwalt Harald Range und Maas werden in diesem Leben keine Freunde mehr. Der Jurist in Karlsruhe, dem die Kritik an seiner Amtsführung im Zusammenhang mit der NSA-Überwachungsaffäre noch in den Ohren klingt, will sich nicht aus Berlin vorschreiben lassen, wie er seine Arbeit zu erledigen hat. Dass das Justizministerium ihn erst am Montag noch angewiesen hat, die Begutachtung der Landesverrats-Vorwürfe stoppen zu lassen, zeigt zwei Dinge: Der Vorgang ist augenscheinlich kompliziert und bedarf der mehrfachen, unabhängigen Begutachtung. Früher waren für solche Fragen übrigens Richter zuständig, nebenbei bemerkt. Und zweitens sieht man hier, dass der Minister - jedenfalls zur Stunde - seinen Laden nicht im Griff hat.

Denn wenn Range sich inhaltsschwer mit dem Einschub "Meine Damen und Herren" auf die im Grundgesetz verbriefte Unabhängigkeit der Justiz beruft, unterschlägt er ein wichtiges Detail. In Artikel 97 (1) des Grundgesetzes heißt es: "Die Richter sind unabhängig und nur dem Gesetze unterworfen." Handelt Range als Richter? Nein.

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Marko Langer, DW-NachrichtenBild: Sarah Ehrlenbruch

FDP-Mann und politischer Beamter

Dem FDP-Mitglied Harald Range hätte ein Blick auf die eigene Internet-Seite helfen können, sein Amtsverständnis zu überprüfen. Dort ist er nämlich so beschrieben: "Als 'politischer Beamter' hat der Generalbundesanwalt darauf Bedacht zu nehmen, dass die grundlegenden staatsschutzspezifischen kriminalpolitischen Ansichten der Regierung im Rahmen der strafprozessualen Vorgaben und Handlungsspielräume in die Strafverfolgungstätigkeit einfließen und umgesetzt werden." In verständliches Deutsch übersetzt heißt das: Grundsätzliche Ansagen kommen aus Berlin. Und übrigens sähen es die beamtenrechtlichen Bestimmungen für den Generalbundesanwalt vor, "dass er sich in Erfüllung seiner Aufgaben in fortdauernder Übereinstimmung mit den für ihn einschlägigen grundlegenden kriminalpolitischen Ansichten und Zielsetzungen der Regierung befindet. Er kann jederzeit ohne nähere Begründung in den einstweiligen Ruhestand versetzt werden."

Nicht das Format für dieses Amt

Genau das ist nun fällig. Oder aber ein Rücktritt des Ministers, der selbst in seiner eigenen Partei stets als Leichtgewicht galt. Es gibt in diesen Tagen in Berlin manche Beobachter, die sich dieses Ressort zurück in die Hände der Liberalen wünschen. Das allein könnte schon reichen, um zu belegen, dass Maas nicht das Format für dieses Amt hat.

Ach so, da war ja noch etwas: dieser Beckedahl, das Staatsgeheimnis, der ganze schlimme Landesverrat. Das kann man getrost vernachlässigen in Zeiten, in denen sich oberste Organe der Staatsrechtspflege öffentlich mit der Bundesregierung herumzanken. Und in denen sich in München ein Oberlandesgericht nach Kräften bemüht, einen der wichtigsten Prozesse der Nachkriegszeit vor dem Scheitern zu bewahren: das Verfahren gegen die Rechtsterroristin Beate Zschäpe.