Die gleichen Fehler in Afrika
Unter Ökonomen und Afrikaexperten ist es heute eine Binsenweisheit, dass die Strukturanpassungsprogramme (SAP) der 1980er- und 1990er-Jahre mit ihren massiven sozialen Einschnitten in Afrika eine Verheerung hinterlassen haben, von der sich einige der sogenannten Empfänger-Länder bis heute nicht erholt haben.
Mehr als ein Vierteljahrhundert und viele enttäuschte Wachstumshoffnungen später ist nun wieder die Rede von Haushaltsdisziplin, Strukturanpassung und Inflationsbekämpfung. Und auch der Internationale Währungsfonds und die Weltbank sind wieder mit dabei. CwA (Compact with Africa) statt SAP nennt sich das Investitionsprogramm heute - und es sollte den Architekten zu denken geben, wenn der nicht als wirtschaftsfeindlich bekannte Afrikaverein der deutschen Wirtschaft den CwA schon heute als gescheitert bezeichnet - "Ziel verfehlt" heißt es dort.
Klassische Entwicklungshilfe ist diskreditiert
Damit kein Missverständnis aufkommt: Die Einbeziehung privater Investoren bei den Entwicklungsprogrammen für und mit Afrika ist zu begrüßen, die staatliche Entwicklungshilfe klassischer Art ist zu recht diskreditiert. Doch wie bereits bei den desaströsen SAPs werden heute dieselben Fehler erneut begangen: Eine sehr enge Fokussierung auf makroökonomische Rahmenbedingungen vernachlässigt die UN-Nachhaltigkeitsziele genauso wie die selbstgesteckten Ziele der "Agenda 2063" der Afrikanischen Union. Direktinvestitionen in Infrastrukturprojekte sind (nur dann) gut, wenn sie Gesundheit, Bildung und Zivilgesellschaft miteinbeziehen - denn diese sind letztlich entscheidend für ein gesundes Investitionsklima und die Schaffung nachhaltiger (!) Arbeitsplätze. So weit so bekannt, dachte man.
Schlimmer noch: Es besteht die sehr konkrete Gefahr, dass die afrikanischen Partner durch die neuen CwA-Kredite weiter in eine tiefe Schuldenkrise rutschen. Das nordafrikanische Tunesien bekam für wirtschaftsorientierte Reformen 165 Millionen Euro - den Großteil davon zu vergünstigten Zinsbedingungen. Die westafrikanischen Staaten Ghana und Elfenbeinküste bekamen zum Ausbau erneuerbarer Energien je 100 Millionen Euro, davon sind mehr als zwei Drittel auf Pump. Schon jetzt liegt der afrikanische Schuldenstand auf einem Rekordhoch, was freilich weniger den Deutschen als der Scheckbuchpolitik der Chinesen anzukreiden ist.
Auch die Auswahl der CwA-Länder ist zweifelhaft: Vergleichsweise wohlhabende Länder Afrikas werden gefördert, infrastrukturschwache oder Krisenländer dagegen fallen durch den Rost. Der ländliche Raum, wo die Armut in Afrika zuhause ist, bleibt weitgehend außen vor. Zugleich werden so unterschiedlich entwickelte Länder wie Tunesien, Ruanda und Äthiopien weitgehend über einen Kamm geschoren - eine viel größere Binnendifferenzierung wäre hier vonnöten, um den lokalen Wirtschaftsstrukturen Rechnung zu tragen.
Am Ende mehr Schaden als Nutzen
Fazit: Wie schon ihre Vorläufer, die unseligen SAPs, werden die CwA-geförderten Maßnahmen am Ende vermutlich mehr Schaden als Nutzen gestiftet haben. Daran wird auch der heute eilig verkündete Sonderfördertopf für deutsche Mittelständler nichts ändern. Denn die wollen schlicht und ergreifend seit Jahrzehnten nicht in Afrika investieren, und werden es auch in absehbarer Zeit nicht tun.
Womit der Ball bei den afrikanischen Eliten liegt. Denn ob nun SAP oder CwA: Letztlich müssen vor allem Afrikas Staatslenker ihren Kontinent entwickeln. Nicht auf Augenhöhe mit den Merkels und Macrons. Sondern mit der eigenen (Zivil-)Bevölkerung. Aber auch dies ist eigentlich eine Binsenweisheit.