50 Jahre für 50.000 Leben
30. Mai 201250 Jahre Haft. Reicht dieses Urteil, um einen Schlussstrich unter einen der schlimmsten Bürgerkriege Afrikas zu ziehen? Unter einen Krieg, in dem mehr als 100.000 Menschen starben? In dem Rebellen mehr als 5000 Menschen Arme, Beine oder Hände abhackten?
Nein, 50 Jahre Haft für Charles Taylor sind kein ausreichender Schlussstrich. Das Urteil ist ein erster, ein kleiner Schritt. Denn: Das Internationale Tribunal hat zwar gegen Taylor und die Führer der von ihm unterstützten Rebellentruppe RUF ermittelt und einige Urteile gefällt. Diejenigen, die ihre Anweisungen vollstreckten, hat aber niemand zur Rechenschaft gezogen. Tausende Rebellen leben noch immer unbehelligt in Sierra Leone und niemand will ihnen den Prozess machen. Die überlebenden Opfer müssen sich damit abfinden.
Auch wenn der Krieg vorbei ist - der Überlebenskampf geht für viele Menschen in Sierra Leone und Liberia weiter. Die Rebellen haben nicht nur tausende Menschen grausam verstümmelt, sondern auch unzählige Frauen vergewaltigt und Kinder zum Töten missbraucht. Niemand kann genau sagen, wie viele Leben dieser Krieg zerstört hat, auch die derjenigen, die überlebt haben: die mit Depressionen, Traumata oder schlimmen körperlichen Schmerzen leben müssen - in einem der ärmsten Länder der Welt, meist ohne medizinische Versorgung.
Dazu kommt die wirtschaftliche Not: Jobs für Behinderte gibt es in Sierra Leone fast keine. Den meisten Kriegsversehrten bleibt nur Betteln oder die Hoffnung, von ihren Familien versorgt zu werden. Auch für die übrige Bevölkerung ist das Leben nicht einfach. Auch Jahre nach dem Krieg gehen in Sierra Leone und Liberia weniger Kinder zur Schule und es sterben mehr Mütter bei der Geburt als in den meisten anderen Ländern der Welt.
50 Jahre Haft für Charles Taylor sind kein ausreichender Schlussstrich. Der kann erst dann gezogen werden, wenn die Opfer in Würde leben können - und alle Täter für ihre Taten gerade gestanden haben.