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Politik

Trotz Van der Bellens Sieg kein Durchatmen in Österreich

Porträt eines Mannes mit blauen Augen in Hemd und Jacket, im Hintergrund ist der Majdan-Platz in der ukrainischen Hauptstadt Kiew zu erkennen
Frank Hofmann
5. Dezember 2016

Auch wenn Norbert Hofer die Präsidentenwahl verlor, hat die FPÖ das Wiener Kanzleramt fest im Blick. Von einem Einzug dort kann sie nur mit einer klaren proeuropäischen Alternative abgehalten werden, meint Frank Hofmann.

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Österreich Präsidenschaftswahlen Wahlplakate
Bild: Imago/Eibner

Der Präsidentschaftskandidat der rechtspopulistischen FPÖ, Norbert Hofer, scheiterte nur deshalb, weil er nicht alle Anhänger mobilisieren konnte. Das mag daran liegen, dass der Protest im ländlichen Raum in Österreich nach einem elf Monate andauernden Wahlkampf ermüdet ist. Und gleichzeitig mag die Furcht vor einem Durchmarsch der "Freiheitlichen" die Wähler des ehemaligen Grünen-Vorsitzenden Alexander Van der Bellen in die Wahllokale getrieben haben. Aber in Umfragen liegt die FPÖ weiterhin bei 35 Prozent und ist damit gefühlt die mit Abstand stärkste politische Kraft in Wien.

Große Koalition am Ende

Zuletzt hatte deshalb sogar der sozialdemokratische Kanzler Christian Kern eine Öffnung hin zu den Schmuddelrechten betrieben. Er traf sich mit dem Chefpopulisten und FPÖ-Vorsitzenden Heinz-Christian Strache zum Gespräch, das live im Radio übertragen wurde. Politisch ist die Große Koalition in Wien aus SPÖ und ÖVP nämlich tief zerstritten und eigentlich am Ende. Neue Impulse zu den dringend notwendigen Reformen von Wirtschafts- und Sozialsystem in Österreich, das unter hoher Arbeitslosigkeit leidet, sind nicht zu erwarten. Obwohl Deutschland der mit Abstand wichtigste Außenhandelspartner des Landes ist und zahlreiche deutsche Unternehmen in Österreich fertigen lassen, profitiert die Wirtschaft das Landes nicht von den robusten Verhältnissen im großen Nachbarstaat.

Frank Hofmann DW Korrespondent und Büroleiter in Kiew Ukraine Osteuropa
DW-Korrespondent Frank HofmannBild: DW

In Österreich lässt sich gut beobachten, was passiert, wenn sich gegenseitig blockierende Großkoalitionäre aus der Not heraus immer wieder die Schuld im "fernen Brüssel" suchen und dabei fein verschleiern, dass sie dort mächtig mitmischen. Gemessen an seiner Größe gehört Österreich mit seinen acht Millionen Einwohnern nämlich zu den politisch einflussreichsten Staaten in der EU. Doch zu Hause wollen die Wiener Politiker davon nichts wissen, wenn es darum geht, das eigene Unvermögen zu kaschieren. Wenn sie zum Beispiel den Menschen erklären müssen, dass vieles, was in der Vergangenheit möglich war, heute kaum noch umsetzbar ist. Das in Österreich übliche 14. Monatsgehalt gehört zum Beispiel dazu.

Die FPÖ hingegen trägt so selbstbewusst wie lange nicht ihre Rettungsversprechen wie Verheißungen vor sich her: Weil es wirtschaftlich gemeinsam mit den traditionellen Partnern im Westen derzeit nicht aufwärts geht, soll es künftig der Blick nach Osten richten: Da besucht der Wiener Vize-Bürgermeister von der FPÖ mit einer Wirtschaftsdelegation die weißrussische Hauptstadt Minsk - als ob das helfen könnte. Der früherer Größe nachtrauernden Bevölkerung wird vermittelt, Österreich müsse nur den nationalistischen Weg seiner alten Habsburger Teilländer oder deren Nachbarn auf dem Westbalkan gehen, um selbst wieder zu alter Größe zu finden.

Anheizer des alten Nationalismus

Vor einer nationalistischen serbischen Anhängerschaft ruft der FPÖ-Vorsitzende, die ehemalige serbische Provinz Kosovo sei das "Herz Serbiens". Dass die Bevölkerung zu 95 Prozent aus Albanern besteht, die davon schon lange nichts mehr wissen wollen - egal. Auch die Unterstützung der FPÖ für den Separatismus der bosnischen Serben entgegen jeder europäischen Vernunft und gegen jede Stabilität in der Region spricht Bände: Da kommt noch mehr Unheil aus Wien gegen Europa, wenn es der FPÖ gelingt, ins Kanzleramt am Ballhausplatz einzuziehen.

Die demokratischen Kräfte in Wien müssen das verhindern: Österreich braucht neue politische Machtoptionen jenseits der Großen Koalition. Die Möglichkeit dazu besteht in einer Mehrparteien-Koalition aus liberalen Neos, den Grünen und bürgerlicher ÖVP oder sozialdemokratischer SPÖ. Wenn, aber nur wenn eine der beiden ehemaligen Volksparteien dafür mutig vorangeht, Kante zeigt und im Wahlkampf bei der eigenen Linie bleibt.

Der ehemalige österreichische Grünen-Vorsitzende und unabhängige Kandidat Alexander Van der Bellen hat das vorgemacht: "Wir brauchen Europa!", sagte er auch dann, als die FPÖ-Angriffe am heftigsten waren. Jetzt ist der überzeugte Europäer und EU-Föderalist Alexander Van der Bellen der künftige Bundespräsident Österreichs. Und hat als solcher auch darüber zu wachen, dass Österreich seine internationalen Verpflichtungen auf Grundlage der Menschenrechtskonventionen gegenüber schutzwürdigen Flüchtlingen erfüllt.

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