Trump zeigt NATO kalte Schulter
Kopfschütteln, Unverständnis, Ratlosigkeit. Das sind noch die freundlichsten Reaktionen. Washingtons Sicherheitspolitiker verstehen nicht, weshalb Rex Tillerson nicht zum Treffen der NATO-Außenminister reist. Stattdessen fliegt er Anfang April nach Florida. Dort treffen sich die Staatsoberhäupter Amerikas und Chinas. Dabei scheint Tillerson, der vor wenigen Tagen aus Peking zurückgekommen ist, unabkömmlich. Die Beziehungen mit China sind offenbar für die derzeitige Administration wichtiger als die mit den Verbündeten.
Anders lässt sich diese Entscheidung kaum interpretieren. Ein politisches Signal, das die NATO schwächt. Stehen die Amerikaner – ohne Wenn und Aber - zum transatlantischen Verteidigungsbündnis? Zweifel kamen während des Wahlkampfes im letzten Jahr auf. Trump bezeichnete die NATO als „obsolet" und kündigte gleichzeitig bessere Beziehungen mit Russland an. Inzwischen haben er und seine Minister zwar mehrfach ihre Unterstützung für die NATO unterstrichen. Doch Tillersons Absage an das Außenministertreffen sorgt erneut für Skepsis.
Spekulationen über Motive
Über die Hintergründe dieser Entscheidung spekulieren Washingtons Denkfabriken. Klar ist: So etwas beschließt nicht der Außenminister alleine, sondern der innere Machtzirkel im Oval Office. Dort wächst offenbar die Ungeduld, wann Präsident Trump seinen ersten außenpolitischen Erfolg landen kann.
Außenpolitisches Schachspiel
Denn anders als angekündigt, zahlt Mexiko doch nicht für den Bau der Mauer an der Grenze zu den USA. Auch sind die Pläne mit Russland einen Neuanfang zu riskieren und gemeinsam etwa in Syrien gegen die Stellungen des Islamischen Staates vorzugehen, verschoben worden - aus innenpolitischen Gründen. Der Kongress recherchiert mögliche Verbindungen zwischen Trumps Wahlkampfteam und Moskau. So lange das so ist, verbieten sich Annäherungsversuche an den Kreml. Inzwischen wachsen auch die Spannungen mit dem Iran wieder. Trump stellt das Atomabkommen mit Teheran auf den Prüfstand. Wirklich kündigen will er den Vertrag wohl auch nicht. Und so herrscht in den bilateralen Beziehungen eine Mischung aus Misstrauen und Ratlosigkeit.
Bleibt Nord-Korea. Ihr Diktator Kim Jong-un testet beides: neue Mittelstreckenraketen und die Führungsstärke des amerikanischen Präsidenten. Schließlich hatte Wahlkämpfer Trump angekündigt, weniger Geduld mit Pyongyang zu zeigen als seine Amtsvorgänger. Voraussetzung für ein härteres Vorgehen gegen Kim Jong-un ist das Einverständnis Chinas. Darum hat sich Tillerson bei seinem jüngsten Peking-Besuch bemüht. Trump wird es bei seinem Treffen mit seinem Counterpart ebenfalls tun. Die Aussichten auf Erfolg sind dennoch gering. So unzufrieden Peking mit Kim Jong-un auch sein mag: Die Chinesen werden sich kaum als Werkzeug Washingtons missbrauchen lassen. Und so muss Trump weiter auf seinen ersten außenpolitischen Erfolg warten.
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