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Politik

Trumps Rede war wenig Trump

Michael Knigge Kommentarbild App *PROVISORISCH*
Michael Knigge
6. Februar 2019

In seiner Rede zur Lage der Nation rief Donald Trump zu Einigkeit über Parteigrenzen und Kompromissen auf, um die Spaltung der USA zu überwinden. Wir sollten nicht darauf hereinfallen, meint Michael Knigge.

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USA Ansprache zur Lage der Union in Washington
Bild: picture-alliance/AP Photo/The New York Times/D. Mills

Donald Trump hat sich auch diesmal an sein Manuskript gehalten - genau wie in seiner ersten Rede zur Lage der Nation vor einem Jahr und seinem ersten Auftritt vor dem Kongress 2017. Und so klang seine Rede, wie "State of the Union"-Reden nun einmal klingen und weniger nach den spontanen Gedankengängen, die Trumps Reden sonst ausmachen.

Der Kongress hat sich jedoch seit dem vergangenen Jahr verändert: In den Midterm-Wahlen haben die Demokraten die Mehrheit im Repräsentantenhaus errungen, Trumps Republikaner beherrschen nur noch den Senat. Und Trump beherrschte sich selbst, er beleidigte niemanden, drohte keinem Land mit einer Intervention und verhängte nicht einmal den nationalen Sicherheitsnotstand, mit dem er den Bau der Mauer an der Grenze zu Mexiko auch ohne Geld aus dem Kongress durchsetzen könnte. Sogar auf seine Slogans "America First" und "Make America Great Again" verzichtete Trump.

Schluss mit dem Stillstand

Stattdessen bestand Trumps Rede im Wesentlichen aus dem Appell, die Grabenkämpfe der Parteien im Sinne einer nationalen Einheit zu überwinden. Natürlich wäre Trump nicht Trump, wenn er zwischen den versöhnlichen Worten nicht noch Zeit gefunden hätte, Angst zu schüren vor Migranten ohne Papiere, den Iran zu streifen und höhere Militäretats von den geizigen NATO-Partnern einzufordern.

Trump forderte die Abgeordneten und Senatoren auf, den "politischen Stillstand" zu überwinden, alte Gräben zu "überbrücken", "alte Wunden zu heilen" und "einen Geist des Kompromisses und der Zusammenarbeit" einzunehmen. Nur gemeinsam könne Amerika die Spaltung aufhalten, die das Land zerreiße. Nur gemeinsam, so legte Trump dem Kongress dar, könnten die Probleme gelöst werden, die Millionen Amerikaner umtrieben: Zugang zum Gesundheitssystem oder Jobs, von denen man leben kann.

Und siehe da, Trump hat recht. Er hat recht, dass nur Kooperation und Kompromisse die politische Spaltung des Landes überwinden können. Er hat recht, dass bei der maroden Infrastruktur, der teuren und schwer zugänglichen Gesundheitsfürsorge, dem Einwanderungssystem und auf vielen anderen Feldern nur parteiübergreifende Zusammenarbeit hilft.

Der größte gemeinsame Teiler

Nur leider hat sich Trump selbst bislang nicht als Brückenbauer hervorgetan - im Gegenteil. Er ist der letzte, der wirklich an einem fairen Kompromiss interessiert ist. Wenn die Welt in der ersten Hälfte seiner Amtszeit irgendetwas gelernt hat, dann, dass dem "Dealmaker" Trump Konzepte wie Interessenausgleich und überparteiliche Lösungen zuwider sind. Tatsächlich hat er bereits mehr zur Spaltung des Landes beigetragen als seine unmittelbaren Vorgänger.

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Michael Knigge ist DW-Korrespondent in Washington

Kurz vor der Rede berichtete die "New York Times", dass Trump einige Fernsehmoderatoren zu einem privaten Essen eingeladen hat, bei dem er wütend über führende Demokraten wie Chuck Schumer, Joe Biden und Elizabeth Warren herzog. Das passt wohl kaum zur viel beschworenen Einigkeit.

Ein folgenschweres Beispiel für Trumps Unwille, Kompromisse zu erzielen, ist gerade erst ein paar Wochen alt: Um die Demokraten zu zwingen, Geld für seine "große, schöne Mauer" zu bewilligen, verantwortete Trump den längsten Haushaltsstillstand in der Geschichte der Vereinigten Staaten und nahm dafür negative Konsequenzen für Millionen Amerikaner in Kauf.

Trump wollte schon immer seinen Willen um jeden Preis durchsetzen - als Immobilienunternehmer genauso wie heute als Präsident. Für ihn dreht sich alles ums Gewinnen - koste es, was es wolle.

Bis zum nächsten Tweet

Dazu passen die warme Worte in Trumps "State of the Union" nicht. Seine Redenschreiber entwarfen kluge und pointierte Passagen, zum Beispiel, als sie Trump ein Loblied auf die historisch große Anzahl von Frauen im neu gewählten Kongress anstimmen ließen. Fast könnte man sich von dieser Rede, die eines Präsidenten würdig klingt, einlullen lassen und einen Wendepunkt in seiner Amtsführung erkennen.

Die Hoffnung stirbt zwar zuletzt. Aber man sollte eine einzelne Rede nicht überbewerten. Nach allem, was wir bisher über Trump gelernt haben, scheint in den "State of the Union"-Reden nur selten der wahre Trump durch. Der wahre Trump zeigt sich auf Twitter und in seinem täglichen Tun. Deswegen dürfte auch sein Appell zu überparteilichen Kompromissen nur bis zum nächsten Tweet halten.