Trübe Zeiten für die Demokratie
Ein Schelm, der Böses dabei denkt... Und doch drängt sich der Gedanke auf, dass der 23. Dezember als Datum für die Präsidenten- und Parlamentswahl in der Demokratischen Republik Kongo kein Zufall sein kann. Eine Zeit, in der die halbe Welt nur wenig über die Grenzen des heimischen Wohnzimmers und die Spitzen des geschmückten Weihnachtsbaumes hinausblickt. Ein guter Zeitpunkt, wenn man nicht möchte, dass auf Wahlfälschung, Pannen oder auch Repression geschaut wird.
Denn die Demokratie trägt die Demokratische Republik Kongo allenfalls im Namen. Ansonsten ist davon wenig zu bemerken. Vor zwei Jahren bereits hätte Noch-Präsident Laurent Kabila abtreten müssen. Erst vor wenigen Monaten sagte er zu, die Macht abzugeben. Als Nachfolger hat er sich einen ebenso treuen wie dubiosen Gefolgsmann ausgesucht - einen, der mit EU-Sanktionen belegt ist, weil er Demonstrationen gewaltsam hat niederschlagen lassen. Auch hat Kabila bereits angedeutet, politisch aktiv zu bleiben. Sein Nachfolger wird daher kaum mehr sein als eine Marionette.
Gewalt, keine Infrastruktur und eine Seuche
Der Wahlkampf ist von Gewalt überschattet, es hat bereits Tote gegeben. Die Oppositionskandidaten klagen über Behinderungen und Drohungen. Tränengas und Gewalt bestimmen den Wahlkampf. Doch auch die Oppositionskandidaten lassen sich von Politikern unterstützen, die alles andere als lupenreine Demokraten sind, darunter etwa der wegen Zeugenbestechung verurteilte frühere Vize-Präsident und Ex-Milizenchef Jean-Pierre Bemba.
Auch logistisch herrscht Chaos: Immer noch gibt es Orte in dem riesigen, infrastrukturschwachen Land, an denen das für die Abstimmung nötige Material fehlt. Im Osten des Landes ist die Epidemie der tödlichen Krankheit Ebola noch immer nicht unter Kontrolle. Hinzu kommen bewaffnete Gruppen, die beinah täglich Zivilisten töten und eine Wahl fast unmöglich machen.
Seit Donnerstag dieser Woche ist alles unklarer denn je: Denn zehn Tage vor der Wahl brannte in der Hauptstadt Kinshasa das zentrale Lager der Wahlkommission. Darin befanden sich mehr als zwei Drittel des Wahlmaterials für die Metropole. Darunter 8000 der knapp 10.400 Wahlmaschinen, mit denen die Bürger Kinshasas ihren Stimmen abgeben sollten. Nur der Vollständigkeit halber sei hier erwähnt, dass Regierung und Opposition sich seit Monaten um den Einsatz der Wahlmaschinen streiten, denn die Opposition befürchtet, dass mit den Maschinen Kabilas Partei der Sieg beschert wird.
Ein Feuer und viele Interessen
Die Flammen des großen Feuers waren noch nicht gelöscht, da kursierten schon Komplott-Theorien und einer beschuldigte den anderen. Denn wenn man es genau betrachtet, könnten viele Interesse an dem Brand haben: Die Opposition, weil sie die Wahlmaschinen ablehnt. Kabila und seine Anhänger, weil sie so vorläufig weiter im Amt bleiben würden.
Zwar bemühen sich Regierung und Wahlkommission zu versichern, dass die Wahl auch ohne die verbrannten Apparate stattfinden werde. Doch wie soll das gehen? Die Antwort der Regierung ist: Wir bringen Material aus anderen Provinzen nach Kinshasa. Dann müssten eben alle ein wenig länger warten für die Stimmabgabe. Bleibt die Frage, ob die dafür vorgesehene Zeit dann reicht. Immerhin wohnen in Kinshasa 17 Millionen der 80 Millionen Kongolesen, also rund ein Fünftel der Bevölkerung. Da viele von ihnen Anhänger der Opposition sind, steht zu befürchten, dass die Regierung wenig Interesse hat an ihren Stimmen. Das Wahlrecht wird also in jedem Fall mit Füßen getreten.
Falls am 23. Dezember eine Wahl stattfindet, ist zu befürchten, dass es zu noch mehr Gewalt kommt. Doch bis diese an den Weihnachtstagen die Aufmerksamkeit der Weltgemeinschaft erreicht, wird es wohl viele Tote und massive Gewalt geben müssen. Und selbst massive Wahlfälschung wird sogar ganz unter dem Radar der Weltöffentlichkeit bleiben.