Um keine Messe ranken sich so viele Legenden wie um die Cebit. Geboren wurde die Messe rund um Informationstechnologie, um Soft- und Hardware schon 1970, damals war sie Bestandteil der Hannover Messe, die bis heute die größte Industriemesse der Welt ist. Doch weil dieser Bereich immer größer wurde, entschlossen sich die Messeveranstalter, die Cebit auszugründen: 1986 fand die erste eigenständige Cebit statt.
Und schon diese erlebte einen tragischen Höhepunkt - den Tod des deutschen Computerpioniers Heinz Nixdorf auf dem Messegelände am 17. März 1986. Oder im Jahr darauf: Der Winter hatte Hannover fest im Griff, Zufahrtsstraßen waren zugeschneit, das Dach der Messehalle 1 drohte unter der Schneelast einzustürzen. Aus der Cebit wurde die "Schneebit".
In der damals größten Messehalle der Welt (mit Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde) befand sich seinerzeit ein "Centrum der Büro- und Informationstechnik", abgekürzt: Cebit, alsbald umbenannt in Centrum für Büroautomation, Informationstechnologie und Telekommunikation.
Immer größer, immer mehr Besucher
In den folgenden Jahren wurde die Messe immer mehr zu DER Computermesse der Welt. 1994 kündigte Bill Gates in Hannover das neue Microsoft-Betriebssystem Windows 95 an, das er dann 1995 auch wirklich hier vorstellte. Zur Messe kamen 755.000 Besucher. 1999 verzeichneten die Veranstalter mehr als 7400 Aussteller, und der Internetprovider AOL kündigte die erste Internet-Flatrate für Deutschland an. So mancher fragte sich damals noch: Wozu brauche ich sowas?
Dann die Jahrtausendwende, für die ja eigentlich der Zusammenbruch sämtlicher Computersysteme durch den Y2K-Bug vorhergesagt worden war. Der Kollaps fiel aus, das neue Jahrtausend kam und mit ihm eine gigantische sogenannte Dotcom-Blase. Die Euphorie auf der Cebit kannte keine Grenzen mehr. 2001 kamen über 850.000 Besucher. Hannover und die Messe platzten aus allen Nähten. Erste Handys und sogenannte PDA (Persönliche digitale Assistenten) wurden internetfähig, neue Mobilfunkstandards wie GPRS und UMTS wurden eingeführt. Nebenbei: Mit GPRS ließen sich anfangs 56 Kilobit pro Sekunde übertragen. Heute sprechen wir vom 5G-Standard und 100 Megabit pro Sekunde.
Abbild einer rasanten Zeit
Der Internet-Hype schien ohne Ende, bis dato völlig unbekannte Firmen feierten gigantische Messepartys; Firmen, von denen man kurze Zeit später nie wieder etwas hörte: Denn die Dotcom-Blase war geplatzt. Der Cebit tat das zunächst noch keinen Abbruch, noch immer strömten alljährlich Hunderttausende Besucher über das Gelände und durch die 26 Messehallen. Doch irgendwann kam der Knick. Die Messe konnte sich nie entscheiden, was sie wirklich sein wollte: Eine Schau fürs Publikum oder für die Industrie. Man experimentierte viel herum, beispielsweise mit einer Abspaltung namens Cebit Home speziell für Heimanwender. Auch die Expansion ins Ausland gelang nicht wirklich, eine Cebit Amerika fand nur einmal in New York statt.
Andere Messen wie die Consumer Electronic Show in Las Vegas oder der Mobile World Congress in Barcelona schwangen sich zu echter Konkurrenz für die Cebit auf, auch die Internationale Funkausstellung (IFA) in Berlin grub der um ein neues Profil ringenden Cebit immer mehr das Wasser ab. Die Besucherzahlen gingen weiter zurück - im vergangenen Jahr versuchten die Messemacher nochmal statt im kalten März einen Neustart im sommerlichen Juni, um die Cebit als "Europas führendes Digital-Event" zu positionieren. Vergeblich: Es kamen gerade mal noch 120.000 Besucher. Daher entschloss sich die Deutsche Messe AG nun, die Reißleine zu ziehen.
Denn all das, was man in den vergangenen Jahren auf der Cebit sehen konnte, das war vier Wochen später erneut auf der Industriemesse in Hannover zu sehen. Nämlich das Zusammenwachsen von Soft- und Hardware, die Vernetzung der Fabriken (Stichwort Industrie 4.0). Dieser Sinn hat sich vielen Beobachtern schon länger nicht mehr erschlossen. Es wächst zusammen, was zusammen gehört. Die Cebit kehrt nun in den Schoß zurück, aus dem sie einst gekrochen ist.