Uli Hoeneß war einmal der wohl mächtigste Mann im deutschen Fußball. Klar, es gab DFB-Präsidenten, Bundestrainer, es gab Vereinspräsidenten wie Franz Beckenbauer und Topstars wie Lothar Matthäus. Aber die wahre Macht hatte Hoeneß. Erst als Manager des FC Bayern, dann als Präsident. Dass der Fußball auch in Deutschland finanziell auf viel dickere Beine gestellt wurde, ist hauptsächlich sein Verdienst. Hoeneß' Wort hatte Gewicht, seine Ideen bahnbrechend. Und sein FC Bayern ihm heilig. Wie eine Glucke beschützte er den Klub und seine Spieler.
Lief es nicht, redete er seine Stars wieder stark und lenkte mit an die Konkurrenz gerichteten Worttiraden von den Schwächen der Seinen ab. Lief es, sorgte er dafür, dass sich keiner im Kader zu wohl fühlte. Und baute einer der Seinen wirklich Mist, dann stellte Hoeneß sich vor ihn. Diese "Abteilung Attacke" konnte Meisterschaften entscheiden. Denn, auch wenn sie es nicht zugeben würden, etliche Gegner ließen sich von den verbalen Angriffen des Bayern-Funktionärs verunsichern.
Zahnlos nach dem Comeback
Dann aber kam der Bruch: Hoeneß' Steuerbetrug, der 2013 aufflog und der anschließende Gefängnisaufenthalt. Der Mann, der sich gerne als rechtschaffen und selbstgerecht gerierte, war plötzlich ein verurteilter Straftäter. Dass er nach seiner Haft zurückkommen würde, daran gab es nicht lange Zweifel. Die Fans verlangten nach ihm, und er ließ sich nicht lange bitten. Im November 2016 übernahm er erneut die Präsidentschaft bei den Münchnern, wie schon vor seiner Verurteilung.
Doch die Aura, die Uli Hoeneß vorher umgeben hatte, war weg. Er ist etwas ruhiger geworden, wenn auch nicht geläutert. Er ist angreifbar. Bei der letzten Mitgliederversammlung musste er sich Kritik gefallen lassen, Buhrufe hallten durch die Halle. Immer wieder wurde und wird über Meinungsverschiedenheiten zwischen ihm und Vorstand Karl-Heinz Rummenigge berichtet. Und wenn Hoeneß inzwischen vor der Presse losledert, dann laden die Verbal-Angriffe auch untalentierte Gegner zum Konter ein. Legendär und zum Fremdschämen die Pressekonferenz, in der Rummenigge und Hoeneß sich im Herbst 2017 gegen Medienkritik zur Wehr setzten, und innerhalb weniger Minuten die Menschenwürde bemühten, Hoeneß aber andererseits den wenige Monate zuvor ausgemusterten Bayern-Profi Juan Bernat filetierte.
Kein Kommentar mehr zur Torhüterfrage
Nun hat sich Hoeneß einmal mehr zu Wort gemeldet. Er fühlte sich dazu berufen, seinen Torhüter Manuel Neuer stark zu reden, ihn gegen das legitime Begehr des Konkurrenten Marc-André ter Stegen um den Platz in der Nationalelf zu schützen. Was er damit auslöste, war allenfalls noch Kopfschütteln. Bundestrainer Joachim Löw lässt sich nach eigenem Bekunden "von so etwas nicht beeinflussen", Bayern- und DFB-Spieler Joshua Kimmich findet, dass ter Stegen "nichts Schlimmes" gesagt hat. Früher hätte es so etwas nicht gegeben. Und Hoeneß? Der verweigerte am Wochenende die Aussage. Sein Bedarf sei "für eine Zeit lang gedeckt".
Was wie Einsicht klingt, dürfte wieder nur Trotz sein. Und so klingt es fast schon wie eine Erlösung, wenn Uli Hoeneß wie angekündigt, bei der nächsten Präsidentschaftswahl im November dieses Jahres nicht mehr kandidieren wird. Den Vorsitz im Aufsichtsrat wird er ebenfalls abgeben. Dafür, dass sein Lebenswerk in den letzten Wochen seiner Amtszeit nicht noch bleibenden Schaden nimmt, kann nur Hoeneß selbst sorgen. Indem er endlich mal die Klappe hält!