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USA spalten den Westen, Russland spaltet Europa

Bernd Riegert9. Februar 2015

Die EU schaut auf den Vierer-Gipfel von Minsk. Wenn es dort keinen Kompromiss im Ukraine-Konflikt gibt, geht absehbar auch die bisher größte Stärke des Westens - seine Geschlossenheit - verloren, meint Bernd Riegert.

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Symbolbild Holz hacken Axt im Holz Wald abholzen Baum fällen im Herbst Laub
Bild: Fotolia/Stefan Körber

Es wird für die Europäische Union zunehmend mühsamer, in der Ukraine-Krise die eigenen Reihen geschlossen zu halten. Sowohl bei den Sanktionen gegen Russland als auch bei den möglichen Waffenlieferungen an die Ukraine driften die Meinungen unter den Außenministern immer weiter auseinander. Eine ganze Reihe von hauptsächlich osteuropäischen Mitgliedsstaaten ist inzwischen bereit, dem sich abzeichnenden Weg der USA zu folgen: Sie können sich vorstellen, der ukrainische Armee moderne Waffen zu liefern, damit die sich gegen die von Russland ausgestatteten Rebellen und Söldner wehren kann. Noch ist die Mehrheit der EU-Staaten gegen Waffenlieferungen und folgt dem deutschen Mantra, wonach zusätzliche Waffen den Krieg nur verschlimmern würden.

Eine der wenigen Stärken, die der Westen bisher gegenüber dem imperial agierenden Präsidenten Putin noch aufbieten kann, ist die Geschlossenheit in der Ukraine-Politik. Doch die USA sind drauf und dran diese Geschlossenheit zu gefährden, wenn sie nur einen Teil der Europäer überzeugen können, Waffenlieferungen und ein härteres Vorgehen gegen Moskau mitzutragen.

Waffenlieferungen setzen Eskalationsspirale in Gang

Sollte der Minsker Vermittlungs-Gipfel am Mittwoch scheitern und sollten die USA dann Waffenlieferungen an Kiew beschließen, könnte Moskau befriedigt feststellen, dass die westliche diplomatische Front bröckelt. Außerdem hätte der Kreml dann einen willkommenen Vorwand, auch offiziell in den Krieg in der Ostukraine einzugreifen und die Rebellen noch stärker aufzurüsten. Eine weitere Eskalation ließe sich wahrscheinlich nicht abwenden. Man würde auf einen Stellvertreterkrieg zulaufen, der auf dem Rücken der Ukraine ausgetragen würde.

Wer Waffen liefert, muss sich im Klaren sein, dass er zumeist auch Berater und Bedien-Mannschaften mitschicken muss, wenn die Waffen wirksam eingesetzt werden sollen. Am Ende könnte das heißen, dass sich im Osten der Ukraine Bodentruppen aus West und Ost gegenüberstehen. Das kann niemand in Europa und eigentlich auch niemand in den USA ernsthaft wollen.

Deutsche Welle Bernd Riegert
Europa-Korrespondent Bernd Riegert

So etwas wie rein defensive Waffen gibt es nicht. Russland würde Waffenlieferungen aus NATO-Staaten auf jeden Fall mit weiterer Aufrüstung beantworten. Und dann? Nein, die EU sollte bei der Ablehnung jedweder weiteren Eskalation bleiben. Vielleicht ist der Osten der Ukraine nicht mehr im heutigen Staatsverband der Ukraine, sondern nur noch in einer losen Föderation zu halten. Das könnte das Ergebnis des Minsker Gipfels sein. Russlands Präsident hätte halbwegs gewonnen. Das täte weh - aber was wäre die Alternative? Weitere Kämpfe, noch mehr Tote? Die Gefahr eines ausgewachsenen Krieges zwischen Russland und dem Westen?

Die Teilung Europas mit Waffen verhindern?

Russland hat die bisherige Ordnung in Europa mutwillig zerstört. Die EU und auch die USA müssen einsehen, dass sie sich dagegen nur unzureichend wehren können, wenn sie nicht unkalkulierbare Risiken eingehen wollen. Die rote Linie bleibt die Außengrenze der NATO. Die darf Russland nicht überschreiten. Ansonsten gilt: Die (Ost-)Ukraine, Georgien, Moldawien, Belarus sind in die Einflusszone Moskaus zurückgefallen. Der Westen kann und sollte sie nicht mit Waffen, höchstens mit Worten verteidigen. Die neue Spaltung Europas steht kurz bevor.