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Kommentar: Wehret den Anfängen!

Martin Muno22. Juli 2014

Seit Beginn des Gaza-Konflikts wurde wiederholt auf pro-palästinensischen Demonstrationen zu Gewalt gegen Juden und Israelis aufgerufen. Das ist für Deutschland eine Schande, meint Martin Muno.

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Demonstration in Berlin
Bild: picture alliance/Martin Lejeune

Deutschland im Jahr 2014: In Berlin ermittelt der Staatsschutz wegen Volksverhetzung gegen einen muslimischen Prediger, der in einem am Wochenende verbreiteten Video offen zum Mord an Juden aufruft. Ebenfalls in der deutschen Hauptstadt wurde ein israelischer Tourist übel beschimpft, als er zufällig an einer Kundgebung gegen die israelische Gaza-Offensive vorbeiging. Der Polizei gelang es gerade noch, körperliche Übergriffe zu verhindern.

In Hannover wurde ein grüner Bundestagsabgeordneter verletzt, als er während einer Demonstration eine israelische Flagge trug. Auch in Essen gab es Ausschreitungen. In mehreren deutschen Städten skandierten Neonazis auf Solidaritäts-Kundgebungen mit Palästina gemeinsam mit arabisch-stämmigen Gegnern der israelischen Militäroffensive und friedensbewegten Demonstranten antisemitische Parolen, die auch während der NS-Zeit gerufen wurden.

Auch im europäischen Ausland gab es ähnliche Vorfälle. In Frankreich etwa wurden Synagogen angegriffen und jüdische Geschäfte geplündert. Das ist für jeden Rechtsstaat skandalös. In Deutschland - dem Land, das verantwortlich war für den Holocaust, dem Land, das deswegen das Existenzrecht Israels als Teil seiner Staatsräson ansieht - ist es mehr: Es ist eine Schande.

Martin Muno, DW-RADIO/DW-WORLD.DE, Leitung Aktuelles/Nachrichten, Flash-Galerie
Martin Muno, Leiter Online-Nachrichten DWBild: DW/Christel Becker-Rau

Keine Zeit für feinsinnige Diskurse

Es ist eine Schande, auch wenn es eine durchaus nachvollziehbare Begründung gibt - die Offensive im Gazastreifen, die Siedlungspolitik und der allgemeine Rechtsruck in Israel. Ja, es gibt gute Gründe, die Politik der israelischen Regierung zu kritisieren.

Aber angesichts der verbalen und körperlichen Gewalt auf deutschen Straßen ist nicht die Zeit, akademische Diskurse über die feinen Unterschiede zwischen berechtigter Kritik und Antisemitismus zu führen. Wenn Synagogen angegriffen, wenn Juden körperlich bedroht werden, wenn auf deutschen Straßen öffentlich gefordert wird, "Juden ins Gas" zu schicken, dann gibt es nur eines: Sich dem Judenhass offen gegenüberstellen. Das sind wir nicht nur unserer Geschichte schuldig. Das schulden wir auch der Zukunft unserer Demokratie.