Ganz Schalke befindet sich gerade in einem Albtraum. Und das wirklich Unangenehme an dieser Situation ist, dass der Ruhrgebietsklub ein solches Erlebnis vor gar nicht allzu langer Zeit bereits schon einmal durchleben musste.
Nach dem 0:1 in Freiburg haben die Schalker mit fünf Niederlagen in Folge erneut einen Fehlstart in die neue Bundesliga-Saison hingelegt. 2016 unter Markus Weinzierl haben sie dieses Trauma schon einmal erlitten. Am Saisonende landete die hochgehandelte Mannschaft auf dem freudlosen zehnten Platz und der Trainer wurde entlassen. Blüht Domenico Tedesco nun ein ähnliches Szenario?
Langfristige Perspektive erscheint trist
Auf den ersten Blick hat der 33-Jährige aufgrund der überraschend erfolgreichen Vorsaison großen Kredit im Klub und im Umfeld. Der zweite Tabellenplatz hat alle, die mit dem Verein zu tun haben, in schieres Staunen versetzt. Endlich schien jemand den Schlüssel gefunden zu haben, wie man nachhaltig sportlichen Erfolg im Klub implementieren könnte.
Allerdings war auch damals schon Kritik an der schlichten Spielweise des Tedesco-Teams laut geworden. Diese wurde aber vielfach von guten Ergebnissen übertüncht und von den Beteiligten offenbar auch nicht besonders ernst genommen. Der Erfolg verschleierte die langfristige Perspektive.
Diese erscheint derzeit allerdings so trist, dass nur noch schwer zu glauben ist, von welcher Woge der Zuversicht die Schalker noch vor ein paar Wochen getragen wurden und wie viel Spielglück dem Team damals aus heiterem Himmel zuteil wurde. Diese wichtigen Komponenten des Schalker Erfolgs fallen plötzlich weg - und damit ist der Worst Case eingetreten. Verkehrte Welt auf Schalke.
Spielerische Schlichtheit und Einfallslosigkeit
Das Kernproblem bleiben die spielerische Schlichtheit und die gleichzeitige Einfallslosigkeit vor allem im Aufbau. Das Angriffsspiel ist vor allem deshalb ein einziges Desaster, weil es auf Zufall und den Gewinn der zweiten Bälle angelegt ist. Keine Struktur, kein Hinterlaufen, kein Dribbling bringt die gegnerischen Abwehrreihen in Bewegung, geschweige denn in die Bredouille. Zwei Törchen sind bislang der magere Ertrag. Diese Kritik muss sich der Coach gefallen lassen.
Dass Tedesco seine Mannschaft dennoch auf dem richtigen Weg wähnt, ist erst einmal irritierend. Vielleicht ist diese optmistische Einschätzung nach der ersten Hälfte in Freiburg, in der die Schalker ein Abseitstor schossen und zweimal unglücklich am Pfosten scheiterten, noch nachvollziehbar. Aufgrund der deutlich schwächeren zweiten Hälfte ist Tedescos Sicht der Schalker Leistung aber kaum noch tragbar. Denn kein einziger Schuss eines seiner Spieler ging auch nur in Richtung des Freiburger Tores.
Eine Weiterentwicklung seiner Mannschaft ist nicht zu erkennen. Im Gegenteil: Tedesco hat zuletzt sogar noch einen Rückschritt eingeleitet, indem er spielerische Ansätze völlig in den Hintergrund rückte und nur noch mit langen Bällen operieren ließ - das sollte den Erfolg zurückbringen. Doch auch das klappte nicht. In Freiburg sollten die sechs neu in die Startelf versetzten Spieler auch wieder mehr Kombinationsspiel bieten. Eine echte Strategie Tedescos ist nicht erkennbar.
Transferpolitik fraglich
Allein ist Tedesco diese Fehlentwicklung aber nicht anzukreiden. Die von Manager Christian Heidel verpflichteten Spieler sind ebenfalls alles andere als überzeugend. Neuzugänge wie Sebastian Rudy, Mark Uth, Suat Serdar oder auch Salif Sané sind weit davon entfernt, die Erwartungen zu erfüllen. Eine Verstärkung ist noch keiner von ihnen. Die rund 55 Millionen Euro, die Heidel investiert hat, haben sich noch in keiner Weise amortisiert.
Und auch Breel Embolo, der teuerste Spieler der Vereinsgeschichte (rund 25 Millionen Euro) und von Heidel verpflichtet, ist in seinem dritten Jahr in Gelsenkirchen kaum mehr als ein Mitläufer.
"Den Kredit der letzten Saison, den möchte ich nicht. Es geht um diese Saison", sagte Tedesco nach der Partie in Freiburg. Der Schalker Albtraum ist in vollem Gang. Am Samstag gegen Mainz 05 sollte das Team aber besser daraus erwachen. Ansonsten könnte Tedesco bald tatsächlich allein an der aktuellen Saison gemessen werden.