Komorowaski Portrait
10. September 2014Bronislaw Komorowski ist seit Jahren der populärste Politiker Polens. Drei von vier Polen vertrauen ihrem Staatsoberhaupt - ein Traumergebnis. Dem zweitplatzierten Premierminister Donald Tusk sprachen in einer repräsentativen Umfrage vom Juli 2014 lediglich 37 Prozent der Befragten ihr Vertrauen aus. Auch der Oppositionsführer Jaroslaw Kaczynski, der als Präsidentschaftskandidat 2010 in der Stichwahl gegen Komorowski nur noch knapp verlor, kann heute seinem einstigen Rivalen nicht das Wasser reichen. In der Wählergunst kommt er lediglich auf 30 Prozent. Mehr noch: sogar die Hälfte der Kaczynski-Wähler vertrauen heutzutage Komorowski.
Komorowski war schon immer allen Parteien gegenüber - sowohl im linken als auch im rechten Flügel - aufgeschlossen. Er versteht ausgezeichnet, was es heißt, Kompromisse herbeizuführen - so erklärt der deutsch-polnische Politologe Cornelius Ochmann Komorowskis Popularität quer durch die Parteienlandschaft.
Menschenrechtler, Familienvater und kühler Kopf
Auch Komorowskis Biographie macht ihn für die Mehrheit der Polinnen und Polen sympathisch. Als Nachfahre des bekannten polnischen Adelsgeschlechts 1952 geboren, engagiert er sich sehr früh für die Menschenrechte und die Unabhängigkeit Polens. Mehrmals dafür verhaftet, schlägt sich der studierte Historiker und fünffache Familienvater trotz des Berufsverbots mit der Hilfe der katholischen Kirche durch. Mit dem Fall des Kommunismus 1989 steigt er voll in die Politik ein. Er wird Abgeordneter, Staatssekretär und Verteidigungsminister in "Solidarnosc"- Regierungen von Tadeusz Mazowiecki, Hanna Suchocka und Jerzy Buzek. 2007 wird er als Sejmmarschall, also Parlamentspräsident, zum zweiten Mann im Staat. In dieser Funktion übernimmt er interimistisch die Geschäfte des Staatspräsidenten, nachdem Lech Kaczynski im April 2010 bei einem Flugzeugabsturz bei Smolensk ums Leben kommt.
Als er hört, dass der Präsident tot sei und er seine Geschäfte übernehmen solle, nimmt er als Erstes die Verfassung in Hand. "Ich habe zum wiederholten Mal gelesen, dass im Todesfall der Sejmmarschall die Geschäfte des Präsidenten der Republik bis zur neuen Wahl interimistisch übernimmt. Dieser Verfassungsartikel schien mir drei Jahre früher, als ich Sejmmarschall wurde, absolut abstrakt. Ich war sogar den Verfassungsvätern etwas böse, dass sie so was reingeschrieben haben, um wohl lediglich zu begründen, dass der Marschall der zweite Mann im Staate ist", erinnerte sich Komorowski in einem Zeitungsinterview. In der Zeit, als das gesamte Land durch die Nachrichten von Smolensk wie gelähmt schien, hat Komorowski sofort Entscheidungen getroffen. Dieses gelungene Krisenmanagement und Komorowskis ruhige und würdige Haltung in diesen Tagen haben ihm viel Respekt verschafft und trugen maßgeblich zu seinem späteren Sieg bei der Präsidentschaftswahl bei.
Deutschlandfreundlicher Europäer
Polen ist keine präsidiale Demokratie. Der Staatspräsident ist aber mehr als eine Repräsentationsfigur. Er ist Oberkommandierender der Streitkräfte und bestimmt in Zusammenarbeit mit der Regierung die Grundsätze der Verteidigungs- und Außenpolitik. So wie zuletzt in der Ukraine-Krise. "Er kann gewisse Sachen in breiteren Kontext darstellen. Das was der Premierminister in seinem Tagesgeschäft nicht immer kann, kann der Staatspräsident aussprechen", erklärt Politologe Ochmann.
Komorowski wird von Experten als ein überzeugter, deutschlandfreundlicher Europäer beschrieben. "2007, in der Zeit der Kaczynski-Regierung, war er der einziger Politiker, der bei dem deutsch-polnischen Forum eine Rede hielt", erinnert sich Ochmann. Bereits als Sejmmarschall setzte Komorowski deutliche Signale der Annäherung an Deutschland. Als Präsidentschaftkandidat ist er sogar mit dem Versprechen angetreten, das unter den Brüdern Jaroslaw (Premier) und Lech Kaczynski (Präsident) abgekühlte deutsch-polnische Verhältnis wieder ins Lot zu bringen. Und hielt sein Wort:
Das Verhältnis zu seinen deutschen Amtskollegen Christian Wulff und Joachim Gauck galt und gilt als ausgezeichnet. Was nicht bedeutet, dass Komorowski der deutschen Politik gegenüber unkritisch bleibt. In einem Interview für die "Bild"-Zeitung" kritisierte Komorowski vor kurzem "Russlandversteher" und setzte sich für eine uneingeschränkte Unterstützung für die Ukraine ein. Von der deutschen Politik wünsche er sich mehr "Entschlossenheit", so Komorowski.
Politologe Ochmann betont, dass die gemeinsamen Initiativen Komorowskis und Gaucks "einen sehr hohen Stellenwert haben". Dazu zählt auch die Rede Bronislaw Komorowskis an diesem Mittwoch (10.09.2014) im Bundestag, wo er als erstes polnisches Staatsoberhaupt im deutschen Parlament auftritt.