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Zeit für einen Wechsel?

4. Oktober 2009

Mitten in einer tiefen Wirtschaftskrise wählt Griechenland ein neues Parlament. Fast zehn Millionen Bürger sind an diesem Sonntag zur Stimmabgabe aufgerufen. Werden sie Regierungschef Karamanlis zu Fall bringen?

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Kostas Karamanlis (Foto: AP)
Regierungschef Karamanlis nach der StimmabgabeBild: AP

Griechenland wählt ein neues Parlament - und im Gegensatz zu Deutschland liegen die Sozialdemokraten in den Umfragen vorne. Dem konservativen Ministerpräsidenten Kostas Karamanlis droht an diesem Sonntag (04.10.2009) eine Niederlage. Ob eine neue Regierung weniger Skandale produzieren wird, bezweifeln einige Griechen aber.

Unzufriedene Bürger

Blick von oben in den Parlamentssaal (Foto: Nikos Pilos)
Wer wird die Mehrheit im griechischen Parlament stellen?Bild: Nikos Pilos

Karamanlis hatte vor drei Wochen vorzeitige Neuwahlen ausgerufen. Eigentlich hätten die Griechen erst 2011 wieder wählen sollen. Zuletzt deutete sich an, dass diese Neuwahlen für Karamanlis zum Boomerang werden könnten. Seine Anhänger sind verunsichert und schwer enttäuscht. Die 33-jährige Tonia zum Beispiel hat bei der Wahl 2007 noch für Karamanlis gestimmt, doch nun ist sie sauer auf korrupte und unfähige Politiker. "Besser wäre es, wenn ein Millionär Regierungschef würde. Ein Millionär hätte vielleicht nicht den Drang, sich zu bereichern wie diese Politiker", sagt sie.

Die Skandale in der griechischen Politik haben sich in letzter Zeit gehäuft. Da wurden Regierungsmitglieder erwischt, die staatliche Grundstücke zu Schleuderpreisen verkauften. Ein Minister hinterzog Steuern, ein anderer baute eine Villa in einem Wald - natürlich illegal. Auch die Waldbrände, denen vor einigen Wochen in der Nähe von Athen 17.000 Hektar Wald zum Opfer fielen, lasten viele der Unfähigkeit der Regierung an. "Der Staat hätte anders reagieren müssen. Die vorbeugenden Maßnahmen waren völlig ungenügend. Die Regierung trägt dafür die Verantwortung", sagt der 25-jährige Lambros.

Streitthema: Wirtschaftspolitik

Eine Straße in Athen (Foto: Nikos Pilos)
Athens Probleme: Arbeitslosigkeit und das HaushaltsdefizitBild: Nikos Pilos

Im Mittelpunkt des Wahlkampfes stand die Wirtschaftspolitik. Die Arbeitslosigkeit in Griechenland ist auf über acht Prozent gestiegen. Das Haushaltsdefizit wird Ende des Jahres etwa sechs Prozent des Bruttosozialproduktes betragen - doppelt soviel, wie die EU-Richtlinien eigentlich zulassen. Karamanlis warb im Wahlkampf für harte Sparmaßnahmen und ein Einfrieren von Löhnen und Renten.

Das sei eine falsche Politik, die die Krise verschärfte, meint sein Kontrahent Giorgos Papandreou von der sozialdemokratischen PASOK. Stattdessen möchte er die Wirtschaft mit einem zwei bis drei Milliarden Euro teuren Investitionsprogramm ankurbeln. Wo das Geld genau herkommen soll, sagt er allerdings nicht. Auf Großkundgebungen, bei denen die Stimmung manchmal an ein volles Fußballstadion erinnerte, versprach er ein besseres und gerechteres Griechenland. "Noch nie war die Notwendigkeit für einen Wechsel größer", rief er der begeisterten Menge zu.

Neue Regierung, alte Probleme?

Giorgos Papandreou (Foto: dpa)
Giorgos Papandreou will die Wahlen diesmal gewinnenBild: dpa

Die Stimmung im Land deutet auf einen Regierungswechsel hin. Unklar ist allerdings, ob die PASOK die absolute Mehrheit der Sitze gewinnen wird. Denn laut Wahlumfragen werden die Kommunisten sechs und eine weitere linke Bündnispartei etwa vier Prozent der Stimmen erhalten.

Für viele Griechen gilt der PASOK-Chef als Hoffnungsträger. Doch manche erinnern sich auch daran, dass die PASOK bis 2004 an der Regierung war - und damals ebenfalls wegen Korruption, Skandalen und Misswirtschaft abgewählt wurde. Dass sich mit einer neuen PASOK-Regierung wirklich so viel ändern wird, bezweifelt der 25-jährige Gemüseverkäufer Bakolìas. "Ich glaube, Papandreou wird gewinnen. Aber ich glaube, dass trotzdem alles beim Alten bleiben wird."


Autoren: Jerry Sommer / Christian Walz
Redaktion: Julia Kuckelkorn