Konsul-Residenz im Fall Khashoggi gefilzt
17. Oktober 2018Mit einem Tag Verspätung haben die türkischen Behörden nun auch in der Residenz des Konsuls in Istanbul nach Spuren des vermissten saudischen Journalisten Jamal Khashoggi gesucht. Ermittler mit Spezialausrüstung - einige von ihnen in weißen Overalls - betraten das Gebäude unter großem Presseandrang.
Um die Durchsuchung hatte es zunächst Verwirrung gegeben. Außenminister Mevlüt Cavusoglu dementierte Medienberichte, wonach die Residenz des Konsuls am Vortag durchsucht worden sei. Die Inspektion habe verschoben werden müssen, weil die Familie des diplomatischen Vertreters anwesend war. Der Konsul selbst war am Dienstag nach Saudi-Arabien gereist. Cavusoglu betonte, die Türkei habe ihn nicht zurückgeschickt.
Papiere für die Hochzeit
Bereits am Montagabend hatten Ermittler das nahe der Residenz gelegene Konsulat neun Stunden lang durchsucht und dabei unter anderem DNA-Proben gesichert. Kashoggi, der im US-Exil lebte, hatte das saudische Konsulat im Stadtteil Levent Anfang Oktober betreten, um Papiere für seine geplante Hochzeit abzuholen. Seither ist er verschwunden.
Laut Medienberichten gehen die türkischen Behörden davon aus, dass der Journalist, der immer wieder kritisch über das Königshaus geschrieben hatte, in dem Gebäude getötet wurde. Eine entsprechende offizielle Erklärung von türkischer Seite gibt es bislang jedoch nicht. Saudi-Arabien weist alle derartigen Vorwürfe zurück.
NYT: Verbindungen zum Königshaus
Der "New York Times" (NYT) zufolge gibt es indes Verbindungen zwischen den mutmaßlichen Tätern und dem engen Umfeld des saudischen Kronprinzen Mohammed bin Salman. So veröffentlichte die Zeitung Fotos von einem Mann, der als Mitglied eines 15-köpfigen Spezialkommandos eigens für die Tötung angereist sei. Zuvor sei die Person als häufiger Begleiter des Prinzen auf Bildern zu sehen gewesen. Drei weitere Verdächtige seien durch Zeugen und andere Aufzeichnungen dem Sicherheitsteam des Kronprinzen zugeordnet worden, schreibt die NYT weiter.
US-Präsident Donald Trump erklärte im Sender Fox Business Network (FBN), er wolle nicht von Saudi-Arabien als Verbündetem abrücken. Die Vereinigten Staaten brauchten Riad als Partner im Anti-Terror-Kampf. Er hoffe allerdings, dass das Königshaus nicht in die Vorgänge involviert sei. Bis Ende dieser Woche werde man vermutlich Klarheit gewinnen.
Maas sagt Riad-Reise ab
Zuvor hatte Trump seinen Außenminister Mike Pompeo zu persönlichen Gesprächen entsandt. Nach einem Treffen mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu und Staatschef Recep Tayyip Erdogan sagte Pompeo Hilfe bei der Aufklärung des Falles zu. Der amerikanische Chefdiplomat hatte am Dienstag bereits mit dem saudi-arabischen König Salman und mit Kronprinz Salman gesprochen. Das Herrscherhaus habe ihm eine "vollständige" Untersuchung zugesichert, bei der niemand verschont werde, sagte Pompeo während des Flugs von Riad nach Ankara.
Bundesaußenminister Heiko Maas legte derweil seine Reisepläne auf Eis. Ein ursprünglich geplanter Besuch in Saudi-Arabien werde verschoben, sagte Maas in Berlin. Zunächst wolle er eine angekündigte Erklärung des Königshauses abwarten. Dann wolle das Ministerium entscheiden, ob eine Reise nach Riad "uns sinnvoll erscheint, oder eben vielmehr nicht".
Die Bundesregierung wolle wissen, was mit Khashoggi geschehen sei, so Maas. "Und wenn wir das wissen, werden wir auch die notwendigen Schlussfolgerungen ziehen."
jj/sti (dpa, afp, rtr)