Korallenbleiche bedroht Great Barrier Reef
11. April 2017Letztes Jahr starben so viele Korallen wie noch nie zuvor im Great Barrier Reef. Im nördlichen Teil des Riffs waren 67 Prozent der Flachwasser-Korallen betroffen. Dieses Jahr ist eine etwa gleich große Fläche im mittleren Drittel des Riffs von Korallenbleiche bedroht. Jetzt wird befürchtet, dass die Korallen so schnell bleichen, dass sie sich nicht mehr davon erholen können.
Unmittelbar aufeinanderfolgende Bleichen, wie wir sie jetzt erleben, sind extrem selten, so Mark Read von Marine Park Authority, einer Organisation zuständig für den Erhalt des Riffs.
"Es ist normal, dass sich warmes Wasser im Great Barrier Reef im Sommer sammelt, aber bis zum Winter verteilt es sich gewöhnlicherweise wieder", sagt er gegenüber der DW.
"Aber dieses Jahr ist die Wassertemperatur im Great Barrier Reef seit 2016 nicht merkbar gesunken. Das Wasser hat sich einfach weiter aufgeheizt. Wenn sich die Hitze für eine kurze Zeit ansammelt, können das die Korallen verkraften. Aber es war ein unglaublich heißer Sommer hier im Osten Australiens."
Der Verlust des Great Barrier Reefs könnte die Region um eine Millionen Besucher pro Jahr bringen und damit um rund eine Milliarde Australische Dollar (700 Millionen Euro), warnte die australische Umweltorganisation Climate Council am Mittwoch.
Keine Erholungszeit
Wenn das Wasser zu warm wird, stoßen die Korallen Algen ab, die ihnen die leuchtenden Farben verleihen. Dadurch werden die Korallen weiß, sie bleichen aus. Ohne die nährstoffreichen Algen sind die Korallen anfällig für Krankheiten und können verhungern. Korallen können sich erholen, aber sie brauchen Zeit und gesunde Korallen um sich herum. Wenn aber eine Korallenbleiche der nächsten folgt, stehen die Chancen für eine Erholung schlecht.
"Es dauert mindestens ein Jahrzehnt selbst für die schnellst wachsenden Korallen, sich komplett zu erholen. Wenn Massenbleichen innerhalb von 12 Monaten passieren, ist die Aussicht auf Erholung der Riffe, die 2016 beschädigt wurden, gleich Null", sagt James Kerry, ein Wissenschaftler vom ARC Centre of Excellence for Coral Reef Studies, einem Institut für Korallenriffstudien.
Die letzte Korallenbleiche im Riff vor 2016 war im Jahr 2002.
Anders als letztes Jahr kann die Schuld an den Rekordtemperaturen nur teilweise El Nino gegeben werden, dem Wetterphänomen, das in regelmäßigen Abständen warmes Wasser in den Pazifik bringt. Laut dem ARC Centre können die hohen Wassertemperaturen in diesem Jahr nur durch globale Erderwärmung zu erklären sein.
Das Institut hat das komplette Riff durch Luftaufnahmen überprüft und festgestellt, dass sich das Ausmaß der Korallenbleiche über 1,500 km (900 Meilen) hinweg erstreckt. Nur das untere Drittel des Riffs im Süden ist nicht betroffen.
Verwüstungen durch Zyklon
Die Untersuchungen am südlichen Teil des Great Barrier Reefs wurden allerdings durchgeführt, bevor die Gegend von einem schweren Sturm am 28. März verwüstet wurde. "Ob und wie viel Schaden Zyklon Debbie angerichtet hat, ist noch nicht bekannt", sagt Sandra Williams, Kampagnenleitern bei der Australian Marine Conservation Society, einer Meeresschutzorganisation. Sie lebt in Airlie Beach am südlichen Teil des Riffs.
"Ich habe sechs Zyklone erlebt, aber dieser hier war anders, einfach weil er so lange dauerte - wir hatten buchstäblich 24 Stunden heftige Winde", sagt sie gegenüber der DW. "Wir haben noch nie einen Sturm wie Debbie gesehen."
"Unsere küstennahe Riffe haben schwere Schäden davon getragen, manche Orte sind komplett zerstört", fügt sie hinzu. "Da das Wetter seit dem Sturm rau war, haben wir keine weiteren Untersuchungen gemacht. Wir wissen also noch nicht, wie viel des Riffs zerstört wurde. Wir werden mehr Informationen in den nächsten Wochen haben."
Read von der Marine Park Authority stimmt zu, dass der Zyklon der jetzigen Korallenbleiche nicht geholfen hat. Aber er sagt auch, dass es diesen australischen Sommer ungewöhnlich wenige Stürme gegeben hat und dies ein Problem sei.
"Stürme sind ein zweischneidiges Schwert", sagt er. "Sie können zerstörerisch wie ein tropischer Zyklon sein, aber ganz normale Stürme bringen auch Vorteile, weil die Wolken, der Regen und Wind das Wasser kühlen können. Wir haben in diesem Jahr überhaupt keine dieser Verschnaufpausen gehabt."
Riff: "Ich bin noch nicht tot"
Laut Read wollen die Behörden übertriebene Medienberichte wie letztes Jahr vermeiden, in denen behauptet wird, dass das Riff "bereits tot" sei. Solche Nachrichten könnten den Eindruck vermitteln, dass es zu spät sei, dem Riff zu helfen, weil der Schaden bereits dauerhaft ist.
"Wenn Korallen gebleicht sind, heißt das nicht gleich, dass sie tot sind," sagt er. "So eine vereinfachte Anschauung ist wirklich nicht hilfreich. Es ist wichtiger, den Umfang des Riffs und seine Fähigkeit sich zu erholen zu betonen."
"Sogar in Gegenden, wo die Bleiche besonders schlimm war, sind die Korallen unterschiedlich stark betroffen. Wir müssen die Riffe, die noch nicht so arg geschädigt sind, schützen, damit sie sich fortpflanzen und den geschädigten Korallen helfen können."
Das Great Barrier Reef Marine Park Authority arbeitet mit Anbietern von Bootstouren zusammen, um das Riff zu beobachten und gefährdete Gegenden zu schützen. "Es geht darum, die Leute vor Ort mit einzubeziehen, um etwas zu bewegen - die starken Teile des Riffs zu identifizieren und zu schützen."
Die Organisation versucht unter anderem, die Ausbreitung der korallenschädigenden Dornenkronenseesterne einzudämmen. Sie sähen auch Korallensamen aus, um die Wiederherstellung abgestorbener und geschädigter Korallen zu beschleunigen. Aber das alles dauert seine Zeit. Wenn die Gegend von einer erneuten Korallenbleiche nächstes Jahr betroffen sein sollte, ist das Great Barrier Reef in großer Gefahr.
Dieser Artikel wurde aktualisiert, um die Einschätzung der Umweltorganisation Climate Council mit aufzunehmen.