Kosovos "Che Guevara" ist nun Regierungschef
3. Februar 2020Der ehemalige Studentenführer Albin Kurti (44) ist neuer Ministerpräsident des Kosovo. 66 von 120 Abgeordneten sprachen ihm und seinem Koalitionskabinett bei der Abstimmung im Parlament von Pristina das Vertrauen aus. Zehn enthielten sich der Stimme, die anderen blieben der Sitzung fern. In seiner Regierungserklärung versprach Kurti eine "neue Ära" ohne Korruption und Vetternwirtschaft. "Wir werden dem Wandel, den der Wille des Volkes in Gang gesetzt hat, einen institutionalisierten Rahmen geben", sagte er. Im außenpolitischen Teil seiner Rede kündigte er eine harte Linie gegen Serbien an. Er sei zu Gesprächen mit Belgrad bereit. "Aber wir bestehen auf voller Gegenseitigkeit in Handel, Politik und Wirtschaft", betonte Kurti.
Links-konservatives Regierungsbündnis
Seine 2004 von ihm gegründete links-nationalistische Partei Vetevendosje (Selbstbestimmung) regiert zusammen mit der konservativen Demokratischen Liga des Kosovo (LDK) und einigen Parteien der ethnischen Minderheiten. Vetevendosje und die LDK waren bislang in der Opposition und hatten sich nach monatelangem Gerangel dann doch - vier Monate nach der Parlamentswahl - auf ein Bündnis verständigt. Bis zuletzt konnten sich Kurti und LDK-Chef Isa Mustafa nicht auf die Besetzung hoher Staatsämter einigen. Der Durchbruch erfolgte erst in der Nacht zum Sonntag. Kurti überließ den Posten des Parlamentspräsidenten dem Koalitionspartner.
Dem Kabinett gehören je sechs Minister aus Vetevendosje und LDK sowie zwei Vertreter der Serbischen Liste und eine Ministerin aus den Reihen einer bosniakischen Partei an. Darüber hinaus stellen Vetevendosje und LDK je einen stellvertretenden Ministerpräsidenten. Fünf der 15 Minister sind Frauen.
Kurti, der in Anlehnung an Kubas Revolutionär als "Che Guevara" des Kosovo gilt, führte in seinen jungen Jahren Studentenproteste an, war politischer Häftling in Serbien, schleuderte Farbbeutel gegen UN-Fahrzeuge und zündete Tränengaskartuschen im Parlament. Anzug und Krawatte trägt er erst seit drei Jahren. Kurti orientiert sich am Neo-Marxismus und an Theoretikern des antikolonialen Befreiungskampfes. Aus seiner Sicht ist das Kosovo, das heute fast ausschließlich von Albanern bewohnt wird, "kolonialisiert": vor 1999 durch Serbien, dann bis 2008 durch die UN-Verwaltung und die internationalen Vertreter und seit der Unabhängigkeit von Belgrad 2008 durch eine "korrupte und für Einflüsterungen des Auslands" anfällige Elite.
Die Regierung Kurti löst eine Koalition ab, deren Parteien aus der Bürgerkriegsmiliz UCK der 1990er Jahre heraus entstanden waren. Die Vorgängerregierung unter dem ehemaligen Milizkommandeur Ramush Haradinaj galt als korrupt und ineffizient.
se/gri (afp, dpa, ap)