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Politik

"Suche Frieden" in Terrorzeiten

8. Mai 2018

Der Katholikentag in Münster startet mit einem Teilnehmerrekord - und auch viele Politiker haben ihren Besuch angekündigt. Nicht alle sind aber willkommen. Die Teilnahme von AfD-Vertretern sorgt für Streit.

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Zehn Gründe für Münster Prinzipalmarkt
Bild: Presseamt Münster/Tilman Roßmöller

Es ist die höchste Zahl an Dauerteilnehmern seit Jahrzehnten. Der am Mittwoch in Münster beginnende 101. Deutsche Katholikentag verzeichnet rund 50.000 Dauerteilnehmer. So viele wie seit rund 30 Jahren nicht mehr. Und noch eine Zahl fällt auf: Zehn Mitglieder des Bundeskabinetts, an ihrer Spitze Kanzlerin Angela Merkel, wollen in die westfälische Universitätsstadt kommen.

Deutschland Bundestag Volker Münz
Volker Münz ist der Kirchenbeauftragte der AfD-BundestagsfraktionBild: picture-alliance/dpa/W. Kumm

Trotz dieser rekordverdächtigen Zahlen: Seit Wochen gibt es vor allem um eine der rund 1000 Einzelveranstaltungen Streit. Das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) hat einen Vertreter der rechtspopulistischen AfD, den Bundestagsabgeordneten Volker Münz, auf ein Podium zum Staat-Kirche-Verhältnis eingeladen. Daran nehmen die kirchenpolitischen Sprecher aller Fraktionen teil. Die Teilnahme des AfD'lers sorgt für Kontroversen.

Beim vorangegangen Katholikentag 2016 in Leipzig verzichtete das veranstaltende ZdK bewusst auf jede Einladung eines Vertreters der Rechtspopulisten - und wurde dafür kritisiert. Nun ist ein AfD-Politiker dabei, und wieder gibt es Kritik, zum Beispiel von kirchlichen Jugendverbänden. In kaum einer Stadt stieß eine Veranstaltung der "Alternative für Deutschland" auf so viel Widerspruch wie im studentisch geprägten Münster im Februar 2017. Da gingen wegen eines Neujahrsempfangs der AfD im altehrwürdigen Rathaus mehr als 8000 Menschen friedlich auf die Straße.

Opferrolle

Deutschland Katholikentag PK Thomas Sternberg
ZdK-Präsident Thomas SternbergBild: picture-alliance/dpa/R. Vennenbernd

Eingeladen sind von der Katholikentagsleitung die kirchenpolitischen Sprecher der Fraktionen", sagte ZdK-Präsident Thomas Sternberg dem Westdeutschen Rundfunk (WDR). Und da sei "leider Gottes" auch die AfD dabei. "Wenn wir hier wirklich eine Ausladung eine der im Bundestag vertretenen Fraktionen gemacht hätten, dann hätte die AfD sich in eine Opferrolle stilisiert, das hätte einen Aufschrei gegeben, der nicht zu knapp gewesen wäre." Ja, sagt der Publizist Andreas Püttmann, der sich seit langem mit dem Umgang der Kirche mit der AfD befasst. Kirche müsse an der Seite derer stehen, die Opfer seien, die verhetzt würden. Aber das sei nicht die AfD. "Kirche ist keine Talkshow und funktioniert nicht nach einer politischen Integrationslogik", meint der Autor des Buchs "Wie katholisch ist Deutschland". "Wer Tabubrecher auf katholische Podien holt, trägt zu einer Wanderdüne des christlichen Ethos bei. Und hier hätte sich Kirche besser klar abgegrenzt." 

Deutschland Münster Protest gegen die AfD
Im Februar 2017 demonstrierten 8000 Menschen friedlich gegen die AfD in Münster.Bild: Imago/R. Wölk

Das Christentreffen steht unter dem Motto "Suche Frieden". Das sollte in der langfristigen Planung an den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) erinnern. Der blutige Religionskonflikt kostete Millionen Menschen in Europa das Leben und endete mit dem Westfälischen Frieden, der in Münster unterzeichnet wurde. Die aktuelle Weltlage und der entschiedene Kurs von Papst Franziskus gibt dem Motto Aktualität. Dafür steht beispielsweise der Auftritt von Kolumbiens Staatspräsident Juan Manuel Santos, der nach dem Ende des langjährigen Konflikts in seinem Land den Friedensnobelpreis bekam. Dafür steht gewiss aber auch die hohe Politikerdichte: Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und neun Minister ihres Kabinetts, drei Ministerpräsidenten, mehrere Parteichefs.

Nach dem Anschlag

Die Frage von Konflikten und Gewalt bekam in Münster vor einem Monat eine eigene tragische Dimension, die auch den Katholikentag verändern wird. Da fuhr ein vermutlich psychisch kranker Mann mit seinem Auto in ein Straßencafe, tötete drei Passanten, verletzte viele weitere und erschoss sich dann selbst. Über Stunden war Deutschland in Terror-Angst. Die Veranstalter des Kirchentreffens überarbeiteten daraufhin ihr Sicherheitskonzept. Zahlreiche Straßen der Innenstadt von Münster bleiben bis Sonntag komplett gesperrt.

Leipzig 100. Deutscher Katholikentag - Abschlussgottesdienst
2016 fand das Christentreffen in Leipzig statt. Hier der Abschluss-Gottesdienst.Bild: picture-alliance/dpa/J. Woitas

Besondere Aufmerksamkeit finden wird sicher auch ein kurzfristig ins Programm aufgenommenes Podium zum Thema Antisemitismus. Doch auch innerkirchlich hat sich in den vergangenen Wochen ein neuer Konflikt entwickelt. Der offene Streit zwischen deutschen Bischöfen darüber, ob auch evangelische Partner in konfessionsverschiedenen Ehen zur Kommunion zugelassen werden dürfen, verärgert viele Katholiken. Als ob Kirche keine anderen Sorgen hätte.