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Krankheitserreger in Zeiten der Globalisierung

Judith Hartl2. April 2003

Tote in Asien und in Kanada, jetzt ist auch ein Deutscher an SARS erkrankt. Die Folge: Sorge, Angst, mancherorts sogar Panik. Doch welche Gefahren gehen von der Krankheit wirklich aus? Judith Hartl kommentiert.

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In China sind Schutzmasken ausverkauft, in Deutschland raten Reiseunternehmen von Reisen nach China und Hongkong ab und Firmen streichen ihre Geschäftsreisen dortin. Wegen eines Virus, das - wie es scheint - mühelos und vital von einem Land zum andern hüpft, sogar von Kontinent zu Kontinent. Das tun andere Viren auch. Aber SARS ist neu, unbekannt und bislang noch unkontrollierbar. Und das macht Angst.

Spekulationen statt Fakten

Niemand weiß genau, woher dieses Virus kommt, das eine lebensgefährliche Lungenentzündung auslösen kann, niemand weiß genau, was das für ein Virus ist und weshalb die einen SARS überleben, andere aber nicht. Und niemand weiß genau, was dagegen hilft und wie man sich wirklich schützen kann.

Es gibt viele Spekulationen - SARS könnte von Wildtieren stammen, die in China oft roh verzehrt werden. Man vermutet hinter SARS ein Coronavirus, das dem Grippe-Virus ähnlich ist. Und es gibt hilflos anmutende Ratschläge: man soll sich vor dem Niesen und Husten anderer schützen - am besten durch Mundschutz und gute Hygiene. Doch was altmodisch wirkt, hat durchaus auch heute seine Berechtigung - denn überleben kann das Virus an der Luft nicht sehr lange und einfache Putzmittel machen ihm den Garaus.

Weltweite Verbreitung

Als Biowaffe - um das vorwegzunehmen - ist das Virus also nicht geeignet. Wäre SARS in China geblieben, hätte es den Rest der Welt wohl kaum interessiert. Jetzt aber, da SARS innerhalb weniger Wochen in mehr als 15 Ländern auf drei Kontinenten aufgetaucht ist, haben Wissenschaftler Mühe, eine Panik zu vermeiden.

Dass in Deutschland jedes Jahr tausende an Grippe sterben, löst weniger Entsetzen aus. Denn Grippeviren hat es schließlich schon immer gegeben. Die Deutschen sind damit aufgewachsen und können damit umgehen. Mit SARS aber ist das anders. Bislang waren fremde unbekannte Krankheitserreger hauptsächlich Einzelfälle. Da schleppte ein Urlauber schon mal aggressive Viren aus den Tropen ein und starb daran, weil deutsche Hausärzte die Gefahr nicht erkannten. Wie auch?

Epidemien werden zur Normalität

In Zukunft aber wird man sich an kleinere und größere, an harmlosere und gefährlichere Epidemien gewöhnen müssen. Denn die Welt ist klein geworden. In Zeiten der Globalisierung ist es für viele selbstverständlich geworden, in einer Woche um die ganze Welt zu jetten. Fremde Pflanzen und Tiere - heißt es am Zoll - dürfen nicht ein- und ausgeführt werden. Wer aber will kontrollieren und verhindern, dass ein Reisender gefährliche Viren oder Bakterien mit nach Hause bringt? Sie sind unsichtbar, klein und meistens sehr gemein.

Die Weltgesundheitsbehörde WHO steht vor einer großen Herausforderung. Sie hat diese Begleiterscheinung der Globalisierung sicherlich erkannt. Bei SARS aber wirkt sie recht hilflos und beschränkt sich aufs Zählen der Infizierten und Toten und auf gut gemeinte Ratschläge. Aber in Zukunft könnten noch schlimmere Viren als SARS auftauchen, die wirklich zu Epidemien führen. Und auf die sollten Gesundheitspolitiker gut vorbereitet sein. Und genau deswegen sollte man SARS zwar nicht überbewerten, aber dennoch ernst nehmen.