Drohen, warnen, bangen
7. März 2014Es ist ein lange geplantes Manöver mit der rumänischen und der bulgarischen Marine im Schwarzen Meer - und doch bekommt das Aufkreuzen des amerikanischen Zerstörers "USS Truxtun" (Artikelbild) angesichts der Spannungen in der Ukraine eine zusätzliche Bedeutung. Schließlich hat Russland auf der ukrainischen Halbinsel Krim seine Schwarzmeerflotte stationiert.
Bundeskanzlerin Angela Merkel setzt weiter auf eine diplomatische Lösung und drängte Russlands Präsidenten Wladimir Putin, sich an einer Kontaktgruppe zur Lösung der Krim-Krise zu beteiligen. "Wir erwarten innerhalb weniger Tage die Bildung eines diplomatischen Gremiums und dann auch sehr schnell Ergebnisse", sagte sie nach einem Treffen mit dem irischen Premierminister Enda Kenny in Dublin. Merkel machte deutlich, dass es vonseiten der Europäischen Union weitere Sanktionen geben werde, falls es Angriffe auf die territoriale Integrität der Ukraine geben sollte.
Russland reagierte abweisend auf die Forderungen, sich an vom Westen vermittelten Gesprächen über die Situation in der Ukraine zu beteiligen. "Über solche Aufrufe können wir nur lächeln", sagte ein Sprecher von Präsident Putin.
Russland droht
Zuvor hatte das Außenministerium in Moskau harsch auf die angekündigten EU-Sanktionen reagiert: "Russland wird die Sprache von Sanktionen und Drohungen nicht akzeptieren". Gleichzeitig drohte es mit Vergeltung, falls die Europäische Union weitere Strafmaßnahmen verhängen sollte. Die Staats- und Regierungschefs der EU hatten sich bei einem Krisentreffen am Donnerstag darauf geeinigt, mit Moskau vorerst keine weiteren Gespräche über visafreie Reisen zwischen der Union und Russland und über ein Grundlagenabkommen zu führen.
Als zweite Eskalationsstufe seien Reisebeschränkungen und das Einfrieren von Konten denkbar, sollte Moskau in den nächsten Tagen nicht einer internationalen Ukraine-Kontaktgruppe zustimmen und auch ansonsten keine Signale der Entspannung senden. In einem nächsten Schritt könnten weitere Wirtschaftssanktionen der EU folgen, wenn sich die Lage in der Ukraine durch russische Intervention weiter zuspitze.
OSZE-Beobachter gestoppt
40 Militärexperten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) haben einen weiteren Versuch abbrechen müssen, auf die ukrainische Halbinsel Krim zu gelangen. Ihr Konvoi wurde an einem Kontrollposten am Zugang zur Krim gehindert, berichtete die Nachrichtenagentur afp.
Die unbewaffneten OSZE-Beobachter, zu denen auch zwei Bundeswehroffiziere gehören, sollen Angaben überprüfen, wonach Russland im großen Umfang Truppen auf die ukrainische Halbinsel geschickt hat. Moskau bestreitet das. Bereits am Donnerstag war der OSZE-Konvoi von Bewaffneten gestoppt worden, ehe er die Krim erreichen konnte.
Auf der Krim hat es am Freitagabend offenbar einen Vorfall gegeben, bei dem Männer einen ukrainischen Militärstandort in Sewastopol eingenommen oder zumindest belagert haben. Nach Angaben der Übergangsregierung in Kiew drangen pro-russische Kämpfer in den Stützpunkt der ukrainischen Luftwaffe vor. Dem ukrainischen Dienst der Nachrichtenagentur Interfax zufolge handelte es sich bei den Männern um russische Soldaten.
Wirtschaft bangt um Erträge
Die deutsche Wirtschaft äußerte sich angesichts der zunehmenden Spannungen besorgt. Die Krise könne unübersehbare Folgen für die Weltwirtschaft haben. "Spürbar ist eine große Verunsicherung und die Sorge, dass die Krise weiter eskaliert und eine Sanktionsspirale mit massiven Auswirkungen auf die Wirtschaft in Gang kommt", sagte der Vorsitzende des Ost-Ausschusses der Deutschen Wirtschaft, Eckhard Cordes, der Nachrichtenagentur Reuters. Noch gebe es allerdings keine Hinweise auf Rückzugspläne von Unternehmen, die in der Ukraine oder in Russland aktiv sind.
Umstrittene Volksabstimmung
Die überwiegend von Russen bewohnte Halbinsel Krim gehört zwar offiziell zur Ukraine, fühlt sich aber stärker zu Moskau gehörig. Am 16. März soll die Bevölkerung nach dem Willen des pro-russischen Regionalparlaments über einen möglichen Anschluss an die Russische Föderation abstimmen.
Frankreichs Präsident François Hollande betonte dagegen, es dürfe keine Abstimmung geben, die nicht von der Regierung in Kiew initiiert worden sei. "Die territoriale Integrität und Souveränität der Ukraine ist nicht verhandelbar", sagte er nach einem Treffen mit dem ukrainischen Oppositionsführer Vitali Klitschko in Paris
In Moskau nahmen rund 65.000 Menschen an einem Solidaritätskonzert für die neue pro-russische Führung auf der Krim teil. Der Auftritt des neuen Parlamentspräsidenten der Krim-Metropole Simferopol, Wladimir Konstantinow, und mehrerer Abgeordneter wurde mit heftigem Beifall begleitet. .
Druckmittel Energie
Die hohe Staatsverschuldung der Ukraine könnte zu einem massiven Problem werden: Der russische Energieriese Gazprom hat mit dem Stopp aller Gaslieferungen gedroht, sollte die Regierung in Kiew nicht ihre Schulden in Höhe von umgerechnet rund 1,36 Milliarden Euro begleichen.
Konzernchef Alexej Miller sagte, es bestehe die "Gefahr der Rückkehr zur Lage wie Anfang 2009". Damals hatte Gazprom die Gaszufuhr an die Ukraine unterbrochen. Davon betroffen waren seinerzeit auch zahlreiche EU-Staaten.
mak/wl (dpa, afp, rtr)