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Kristina Schröder wird zum Feindbild

Mathias Bölinger18. April 2012

Die deutsche Familienministerin hat in Berlin ihr Buch über die Rolle der Frau vorgestellt. Das Interesse ist groß, die Ratlosigkeit auch. Die Ministerin begibt sich dabei immer mehr ins Abseits.

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Familienministerin Kristina Schröder (CDU) stellt am Dienstag (17.04.2012) in Berlin ihr neues Buch vor.
"Danke, aber emanzipiert sind wir selber": Kristina SchröderBild: picture-alliance/dpa

Dass sie Widerspruch bekommen würde, hatte Kristina Schröder mit Sicherheit geahnt. Die Familienministerin hat ein Buch geschrieben. Es heißt "Danke, emanzipiert sind wir selber." Es ist zunächst eine Abrechnung mit der Frauenbewegung. "Emanzipation predigen, aber Bevormundung ausüben - das ist der Selbstwiderspruch, in den die Feministinnen den Feminismus hineinmanövriert haben", schreiben die Ministerin und ihre Mitautorin Caroline Waldeck, eine Mitarbeiterin des Ministeriums.  

Ministerin als Feindbild

Dass zur Präsentation ihres Buches in Berlin die so kritisierten Feministinnen besonders zahlreich erscheinen, ist wenig überraschend, denn Kristina Schröder ist für viele Frauenrechtlerinnen ein Feindbild. Vor dem Gebäude verteilt eine linke Gruppe lilafarbene Flugblätter gegen Schröder. Und auch in dem viel zu kleinen Saal, den der Verlag für die Präsentation gebucht hat, werden die Ausführungen Schröders immer wieder mit höhnischem Lachen oder Zwischenrufen quittiert.

Denn über die Familienpolitik wird in Deutschland seit einiger Zeit heftig diskutiert. Gerade haben sich in seltener Einigkeit Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände gegen die Pläne ausgesprochen, ein Betreuungsgeld an Familien zu zahlen, die staatliche Angebote zur Kinderbetreuung nicht nutzen. Und Kristina Schröder, die diese Pläne ausarbeitet, steht seit ihrem Amtsantritt unter dem Verdacht, eine konservative Gegenbewegung zur Frauenemanzipation anzuführen.

Schröder versus von der Leyen

Ihre Vorgängerin Ursula von der Leyen, obwohl wie Schröder Christdemokratin, räumte lustvoll mit dem konservativen Familienbild auf, verlangte vom Finanzminister Geld, um für jedes Kind Betreuungsplätze einzurichten und belohnte Familien finanziell, wenn nicht nur die Frau, sondern auch der Mann einige Zeit nach der Geburt zu Hause blieb. Schröder dagegen setzt sich für das Betreuungsgeld ein, einen finanziellen Zuschuss für Familien, die ihr Kind zu Hause erziehen wollen. Während von der Leyen, inzwischen Arbeitsministerin, fordert, dass Unternehmen verpflichtet werden, eine Frauenquote in Führungspositionen einzuführen, ist Schröder für eine "Flexi-Quote". Demnach sollten Unternehmen sich selbst Frauenquoten geben. Der öffentliche Druck werde dann dafür sorgen, dass sie diese auch einhalten. Ihr Motto fasst sie an diesem Abend so zusammen: "Ich bin ja nicht die Gouvernante der Nation. Lasst die Menschen doch selbst entscheiden."

Schröder, Von der Leyen und Bundeskanzlerin Merkel in der Diskussion
Schröder, Von der Leyen und Bundeskanzlerin MerkelBild: picture-alliance/dpa

Wäre man boshaft, dann könnte daraus folgern, dass Schröder ihr eigenes Amt für überflüssig hält, aber das sieht sie natürlich nicht so. Politik müsse die Rahmenbedingungen dafür schaffen, dass jeder selbst entscheiden kann. Es sei richtig, dass der Staat sich verpflichtet habe, Krippenplätze zur Verfügung zu stellen, sagt sie. Gleichzeitig will sie aber auch das Betreuungsgeld umsetzen, das Eltern finanziell unterstützt, die diese Krippenplätze nicht in Anspruch nehmen.   

So richtig zu packen bekommen ihre Gegnerinnen an diesem Abend die Ministerin nicht, auch wenn viel Empörung in der Luft liegt und immer wieder junge Frauen aufstehen, sich ein wenig trotzig zum Feminismus bekennen und Studien zitieren, die belegen, dass es bisher keine Anzeichen dafür gibt, dass Frauen von selbst in Führungspositionen rutschen.

"Verkrampfte Debatte"

Denn Schröder entspricht auch nicht dem Bild einer Konservativen, die den Platz der Mutter zu Hause bei ihrem Kind sieht. Sie selbst hat als erste Ministerin im Amt ein Kind bekommen und ihren Posten behalten. "Ohne die Frauenbewegung wäre ich nicht da, wo ich bin", räumt sie ein. "Strukturkonservative Rollenbilder", also dass die Frau bei den Kindern bleiben solle, statt zu arbeiten, lehnt sie ebenso ab, wie die feministische Forderung, dass Frauen berufstätig sein sollen. Jede Frau solle selbst entscheiden, sie ärgere sich vor allem über die "verkrampfte Debatte darüber, wie ein richtiges Frauenleben aussehen muss".

Deshalb wolle sie eine klare Definition geben, "wo nach meinem Verständnis das Private anfängt und Politik aufhört", erklärt sie, um den Teil, den sie für politisch hält dann weitgehend auszublenden. Sie habe, schreibt sie im Vorwort zu ihrem Buch,  "zwar ein politisches Buch, aber kein Buch über Politik" geschrieben. "Wer Informationen dazu erwartet, der möge die nächsten 240 Seiten doch bitte überblättern."