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Kritik an chinesischem NGO-Gesetz

Christoph Ricking1. August 2015

Schon heute haben es ausländische Nichtregierungsorganisationen (NGOs) in China schwer. Ihre Arbeit könnte bald weiter beschränkt werden. Die Regierung in Peking plant ein neues NGO-Gesetz. Dagegen regt sich Widerstand.

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Das chinesische Parlament in Peking (Foto: REUTERS/Jason Lee)
Bild: Reuters/J. Lee

Der Minister für öffentliche Sicherheit versuchte zu beruhigen. "Die chinesische Regierung weiß die positive Rolle ausländischer Nichregierungsorganisationen zu schätzen", ließ Gui Shangkun auf der Internetseite seines Ministeriums verlautbaren. "China heißt ausländische NGOs willkommen und unterstützt sie bei ihrem freundlichen Austausch und ihrer Kooperation." Er hoffe, dass sich ausländische NGOs weiterhin um Chinas Entwicklung sorgen, die nationalen Umstände verstünden und sich an die Gesetze halten würden, heißt es weiter im Parteisprech.

Grund für die Mitteilung ist die heftige Kritik von Organisationen und Staaten an einem Entwurf für ein neues NGO-Gesetz, das noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll. Schon jetzt ist die Arbeit für Aktivisten und zivilgesellschaftliche Gruppen schwierig in China. Mit dem neuen Gesetz, so befürchten viele NGOs, würde sie noch weiter eingeschränkt.

Der Entwurf sieht vor, dass alle ausländischen Organisationen unter der direkten Kontrolle der Sicherheitsbehörden stehen. Jede NGO muss sich bei den Behörden registrieren und sich nahezu ununterbrochen kontrollieren lassen. Die Hälfte der Mitarbeiter muss laut Gesetz chinesisch sein. Die Polizei darf auf bloßen Verdacht die Büros der NGOs durchsuchen, Mitarbeiter verhören sowie Dokumente und anderes Eigentum beschlagnahmen. Die Definition, welche ausländische Organisation das Gesetz betrifft, ist schwammig. Der Gesetzesentwurf bezieht sich auf nahezu alle nicht gewinnorientierten Organisationen aus dem Ausland, darunter fallen Umwelt- oder Menschenrechtsorganisationen und politische Stiftungen ebenso wie Wirtschaftsverbände, Handelskammern und Wirtschaftsförderungsvereine.

Kritik von allen Seiten

Verhaftung des Rechtsanwalts Albert Ho Chun Yanzum in Hong Kong (Foto: Lucas Schifres/Getty Images)
Menschenrechtsorganisationen befürchten, dass das Gesetz staatlicher Willkür Tür und Tor öffnetBild: Getty Images/L. Schifres

Gegen den Entwurf regt sich Widerstand. Mehr als 30 chinesische Anwälte schrieben einen Brief an die Regierung in Peking. Darin kritisieren die Juristen den Entwurf als handwerklich schlecht gemacht. "Er enthält zu viele Klauseln, die Dinge verbieten und die Begrifflichkeiten im Entwurf sind sehr vage", sagte Huang Sha, einer der Unterzeichner, Radio Free Asia (RFA). Der Anwalt Wang Yu sagte dem Sender: "Es ist völlig klar, dass dies ein Gesetz ist, das darauf abzielt, ausländische NGOs zu unterdrücken. Wenn es verabschiedet wird, benötigen sie eine Zulassung der Sicherheitspolizei und das bedeutet, dass es für die gesamte Zivilgesellschaft keinen Raum zum Atmen gibt."

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berfürchtet, dass das Gesetz in dieser Form zu einer Einschränkung der Menschenrechte auf Vereinigungs-, Versammlungs- und Meinungsfreiheit führen wird. "Wir fordern von den chinesischen Behörden eine Präzisierung des Gesetzes", sagt Amnesty-Sprecher Dirk Pleiter. "Aufgrund von Begriffen wie 'nationales und öffentliches Interesse' oder 'Untergraben der Harmonie unter den verschiedenen ethnischen Gruppen' befürchten wir, dass das Gesetz in der Praxis willkürlich angewandt werden könnte." Mitglieder von NGOs könnten nicht wissen, was unter den gegebenen Umständen erlaubt oder verboten ist und gebenenfalls zu staatlichen Reaktionen führt.

Legalisierte Repression

Auch die Wirtschaft sieht den Entwurf mit Sorge. Die Europäische Handelskammer beklagt in einer Stellungnahme die schwammige Definition vieler Schlüsselbegriffe. Außerdem, so die Kammer, seien die "administrativen, finanziellen und personellen Anforderungen" für ausländische Organisationen zu hoch, es drohe ein Anstieg der Kosten. "Letztendlich bedauert die Kammer, dass es für ausländische NGOs weniger lohnend sein wird, nach China zu kommen und dort zu bleiben." Dadurch verliere die chinesische Wirtschaft wichtige Verstärker und chinesische Unternehmen vertrauensvolle Partner, heißt es in der Stellungnahme weiter.

Seit Chinas Präsident Xi Jinping vor zwei Jahren sein Amt angetreten hat, geht der Staat härter gegen Andersdenkende vor. Neben dem Entwurf für das NGO-Gesetz arbeitet die Regierung an einer ganzen Reihe von Gesetzen, die den Zugriff des Staates verschärft. Anfang Juli verabschiedete der Nationale Volkskongress das neue "Nationale Sicherheitsgesetz". Es erlaubt den Behörden, tief in die Privatssphäre der Bürger vorzudringen. Außerdem erklärt es fast alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, vom politischen System über Religion bis hin zu den Finanzmärkten und der sozialistischen Martwirtschaft, als relevant für die nationale Sicherheit. Derzeit zirkuliert der Entwurf eines Gesetzes gegen Cyberkriminalität und Terrorismus. Sollte es in Kraft treten, ist eine noch weiter reichende Internetzensur möglich.

Der chinesische Präsident Xi Jinping (Foto: REUTERS/Kyodo News/Parker Song/Pool)
Unter seiner Herrschaft hat die Repression in China zugenommen: Präsident Xi JinpingBild: Reuters

Ob die Kritik am Entwurf des NGO-Gesetzes Einfluss auf die endgültige Gesetzgebung haben wird, ist offen. Chinas Regierung lässt sich bei Gesetzesvorhaben nicht in die Karten schauen.