Kritik an Gemeinden beim Kirchenasyl
21. August 2018Flüchtlinge, deren Asylverfahren nicht eindeutig verläuft oder denen bereits die Abschiebung droht, finden immer wieder Hilfe bei den christlichen Kirchen. Dabei geht es um Menschen, bei denen nach Ansicht der Gemeinden begründete Zweifel an einer gefahrlosen Rückkehr bestehen. Doch rund die Hälfte der Gemeinden missachteten die vereinbarten Regeln, so der Leiter des Berliner Büros der katholischen Deutschen Bischofskonferenz, Prälat Karl Jüsten, in der Zeitung "Die Welt".
Toleranz mit Gegenleistung
Eine Verfahrensabsprache, die 2015 zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge getroffen wurde, lautet: Der Staat toleriert die Praxis des Kirchenasyls, doch er erwartet eine Gegenleistung. Die Gemeinden unterstützen die Behörden bei der Prüfung der Fälle, in dem sie Dossiers zu den Hintergründen der Asylsuchenden übermittelt und einen kirchlichen Ansprechpartner benennt. Diese Bedingung werde häufig nicht eingehalten, wobei Prälat Jüsten zu den konfessionellen Zugehörigkeiten der Gemeinden keine Angaben machte.
Diese Kritik kann man dem Zeitungsbericht zufolge auch aus Angaben des niedersächsischen Innenministeriums ablesen: Demnach wurden für den Zeitraum von Mai 2016 bis September 2017 nur in rund 54 Prozent der Fälle ein Dossier eingereicht.
Erschwerte Bedingungen
Seit dem 1. August gilt ein Erlass von Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU), der für die Kirchengemeinden faktisch bedeutet, dass sie, um die Überstellung eines Asylsuchenden in das jeweilige EU-Erstaufnahmeland wirksam zu verhindern, das Kirchenasyl für bis zu 18 Monate gewähren müssen - bislang waren es etwa sechs Monate. Angesichts des neuen Erlasses forderte Prälat Jüsten die Gemeinden zur vereinbarungsgemäßen Kooperation auf. Das liege "nicht zuletzt auch im Interesse der schutzsuchenden Person selbst".
Mitte Juni befanden sich nach Angaben des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge rund 780 Menschen im Kirchenasyl.
fab/rk (epd, kna, afp)