Kritik an Mindestlohn reißt nicht ab
7. Juni 2014In vorderster Linie macht vor allem der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) Druck für zusätzliche Ausnahmen vom geplanten Gesetz bei Praktikanten und jungen Menschen. "Wir brauchen Ausnahmeregelungen, um mit dem Mindestlohn nicht zu viel Unheil anzurichten", sagte BDI-Präsident Ulrich Grillo der in Düsseldorf erscheinenden "Rheinischen Post". Die Praktika für junge Menschen müssten für die Unternehmen bezahlbar bleiben, sonst würde dieser Generation der Einstieg in einen qualifizierten Beruf erschwert.
Der Gesetzentwurf sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2015 der allgemeine Mindestlohn von 8,50 Euro auch für alle ab 18 Jahren gelten soll, mit Ausnahme der sechswöchigen Pflicht-Praktika.
Grillo hält dabei auch die Altersgrenze von 18 Jahren für zu niedrig. "Was machen wir mit einem jungen Menschen, der sich mit 18 oder 19 Jahren entschließt, eine Lehre zu machen?", so der BDI-Präsident.
Mindestlohn zu niedrig?
Ganz anders argumentiert der neue Präsident der Deutschen Rentenversicherung, Axel Reimann. Der Mindestlohn von 8,50 Euro schütze in vielen Fällen nicht einmal vor Altersarmut bei Millionen von Geringverdienern. Der Mindestlohn könne hier zwar zum Teil Verbesserungen bringen, sagte Reimann der "Süddeutschen Zeitung". Allerdings werde auch ein Arbeitnehmer, dessen Verdienst sich auf Dauer auf dem Niveau des Mindestlohns bewege, über die Grundsicherung kaum hinauskommen. Generell, so Reimann weiter, sei Altersarmut aber derzeit "kein Massenphänomen".
Scharfes Geschütz beim Thema Altersarmut fährt dagegen der Paritätische Wohlfahrtsverband auf. "Um eine ausreichende Rente zu erhalten, muss der Stundenlohn deutlich über 13 Euro liegen", sagte der Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Ulrich Schneider, der "Passauer Neuen Presse". Und: Ohne Vollerwerbstätigkeit reichten auch 13 Euro nicht aus.
Bereits heute gebe es fast eine halbe Million Menschen, die im Alter von Sozialhilfe leben müssten. Bis zum Jahr 2025 werde sich diese Zahl nach internen Schätzungen mehr als verdoppeln, sagte Schneider.
Keine höhere Arbeitslosigkeit durch Mindestlohn
Die Ostbeauftragte der Bundesregierung, Iris Gleicke, verteidigte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa nochmals den Mindestlohn von 8,50 Euro. In Ostdeutschland verdienten etwa 25 Prozent aller Arbeitnehmer weniger als 8,50 Euro pro Stunde. "Deshalb wird der Mindestlohn in Ostdeutschland auch mehr Nachfrage bringen und einen Kaufkrafteffekt haben."
Einen Anstieg der Arbeitslosigkeit befürchtet Gleicke nicht. Einen Mindestlohn gebe es bereits in 21 der 28 Mitgliedsländer der Europäischen Union, ohne dass es dort zu erhöhter Arbeitslosigkeit gekommen sei.
gmf/haz (dpa,epd)