Kuba feuert 500.000 Staatsbedienstete
6. Januar 2011Damit setzt die kubanische Regierung die im Herbst 2010 angekündigte "Neuordnung des Arbeitsmarktes" um. Ziel ist, die Wirtschaft des kommunistischen Landes effizienter zu gestalten und die Staatsausgaben zu senken. Von dem Jobabbau betroffen seien Beschäftigte der Ministerien für Zuckerproduktion, Landwirtschaft, Bau, Gesundheit und Tourismus, erklärte Salvador Valdés, Generalsekretär der kubanischen Einheitsgewerkschaft CTC am Dienstag (04.01.2011). Mit der Umsetzung der Pläne zum Stellenabbau wurde am Mittwoch (05.01.2011) begonnen.
Gewerkschaft beobachtet Stellenabbau
Salvador Valdés kündigte an, die Gewerkschaft werde über die korrekte Umsetzung der "Anpassung" wachen. Insbesondere soll verhindert werden, dass wegen Vetternwirtschaft nur bestimmte Beschäftigte ihre Stelle verlieren. Auch dürfe am Ende des Prozesses kein kubanischer Staatsbediensteter arbeitslos sein.
Die Regierung Kubas hat angekündigt, entlassene Beschäftigte in anderen Unternehmen unterzubringen. Selbst wenn die ehemals Beschäftigten einen neuen Job ablehnten, würden sie, abhängig von der Zahl der Berufsjahre, weiterhin ein Gehalt bekommen.
Staatschef Raúl Castro hatte im September 2010 angekündigt, rund eine Million Jobs im öffentlichen Dienst abzubauen. Dies entspricht rund 20 Prozent der Staatsbediensteten. Die Hälfte des Abbaus soll bis Ende März abgeschlossen sein.
Ausweg Selbständigkeit
Im Oktober 2010 hatte Raúl Castro bekannt gegeben, dass die kubanische Regierung die Gründung privater Kleinbetriebe gestattet. So sollen Kubaner, die ihren Job in einem Staatsbetrieb verlieren, in der Privatwirtschaft unterkommen. Die Regierung plant die Ausgabe von Lizenzen für insgesamt 178 Berufsgruppen. Dazu gehören Einzelhändler, kleine Handwerksbetriebe, Friseursalons, Restaurants und kleine Taxi-Unternehmen. Bis 2015 soll nach Plänen der Regierung die Hälfte der fünf Millionen kubanischer Arbeitnehmer im Privatsektor arbeiten. Derzeit kontrolliert der Staat rund 95 Prozent der Wirtschaft.
Bisher haben rund 80.000 Kubaner einen Antrag auf Gründung eines privaten Kleinbetriebs gestellt. Mehr als 60 Prozent der Antragssteller sind Arbeitslose, wie die Zeitung der Kommunistischen Partei Kubas "Granma" berichtet. Die Regierung schätzt, dass in diesen Jahr rund 100.000 weitere Anträge dazu kommen. Die meisten Existenzgründer verkaufen Lebensmittel, Tonträger oder Haushaltsgeräte.
Die Regierung Kubas nennt die Abkehr von reinen Staatsbetrieben "Aktualisierung des sozialistischen Modells". Staatschef Raúl Castro hatte Ende 2010 erklärt, das Überleben der kubanischen Revolution hänge davon ab, die in den vergangenen Jahrzehnten begangenen "Fehler" zu korrigieren. "Die Maßnahmen, die wir umsetzen, zielen darauf ab, den Sozialismus zu schützen", so Castro bei einer Parteisitzung.
Wirtschaftslage kritisch
Bis Anfang der 90er Jahre ging es Kuba mit seinem starken Verbündeten Sowjetunion recht gut. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und der sinkenden Produktivität wurde es für das sozialistische Land immer schwieriger. Schon seit Jahren kann Kuba seinen Lebensmittelbedarf nicht mehr selber decken und muss für rund zwei Milliarden Dollar Lebensmittel importieren. Sogar Revolutionsführer Fidel Castro hatte Mitte 2010 erklärt, das kubanische Modell habe versagt. Später ruderte er allerdings zurück. Und auch sein Bruder Raúl versichert, dass es für Kuba kein anderes Modell als das sozialistische gebe. Aber die "Aktualisierung des sozialistischen Systems" spricht eine andere Sprache.
Die Regierung hat bereits begonnen, Subventionen zu streichen. Bisher wurden Grundnahrungsmittel und Gegenstände des täglichen Bedarfs subventioniert. Sie sind seit 1962 in einem Warenkorb namens "Libreta de Abastecimiento", was übersetzt soviel wie "Versorgungsbüchlein" bedeutet, aufgeführt. Artikel, die darin zu finden sind, können mit Bezugsscheinen sehr günstig gekauft werden. Dazu gehören Produkte wie Bohnen, Milch, Reis, Fleisch, Brot, Zahnpasta, Seife und andere Hygieneartikel. Die Kubaner, die ein durchschnittliches Monatsgehalt von umgerechnet 15 Euro haben, konnten sich damit sehr günstig versorgen.
Dieses System ist nicht mehr finanzierbar. Deshalb hat die Regierung bereits die Subventionen für Bohnen, Erbsen, Salz, Kartoffeln und Zigarren gestrichen. Seit dem 1. Januar gibt es auch keine Subventionen für Zahnpasta und Seife mehr. Nun müssen die Kubaner umgerechnet 30 US-Cent für ein Stück Seife aus heimischer Produktion bezahlen. Bisher war es nur ein US-Cent. Raúl Castro verteidigte die Maßnahmen damit, dass hohe Subventionen nur wenig Anreiz für harte Arbeit böten und zu niedrigerer Produktivität führten.
Autor: Marco Müller (dpa, ap, afp, rtr)
Redaktion: Oliver Pieper