Kuciaks Mörder verurteilt
6. April 2020Zugunsten Marčeks sprach, dass er nicht vorbestraft und geständig war sowie Reue zeigte, so das Gericht. Gegen ihn - die Unmenschlichkeit, Brutalität und Kaltblütigkeit, mit denen er seine Opfer ermordet hat.
In seinem Schlussplädoyer forderte der Staatsanwalt Juraj Novocký 25 Jahre Haft für Marček. Für eine lebenslange Strafe waren die Bedingungen seiner Meinung nach nicht erfüllt. Außerdem sprach für Marček, dass der Mord an dem Unternehmer Peter Molnár ohne seine Zusammenarbeit wohl nie geklärt worden wäre, so der Staatsanwalt.
Geständiger Mörder
Miroslav Marček gestand bei der Verhandlung am 13. Januar 2020, sowohl Ján Kuciak und Martina Kušnírová in ihrem Haus in Veľká Mača am 21. Februar 2018 erschossen zu haben. Ebenso gab er den Mord an dem Unternehmer Peter Molnár in dessen Haus in Kolárovo im Dezember 2016 zu. Er beschrieb detailliert die Taten, die er begangen hatte.
Zwei seiner Opfer - Kuciak und Molnár - tötete er vorsätzlich. Im ersten Fall war es ein gut bezahlter Auftragsmord. Als Auftraggeber ist in einem getrennten Prozess der umstrittene Unternehmer Marian Kočner angeklagt. Über dessen dunkle Geschäfte und weitere Korruptionsfälle hatte Kuciak berichtet. Im Fall Molnár, dem Arbeitgeber Marčeks und seines Neffen Tomáš Szabó, handelte es sich um einen "gewöhnlichen" Raubüberfall.
Martina Kušnírová tötete Marček, weil sie zufällig Zeugin der Erschießung ihres Verlobten war. "Das Gericht sah die Brutalität, Unmenschlichkeit und Kaltblütigkeit dieses Täters bei der Ermordung von Martina Kušnírová", betonte die Richterin Sabová.
Erbarmungslos, emotionslos, ohne Empathie
Eine wichtige Frage bei dieser Verhandlung war, ob der kaltblütige, brutale Mörder sich binnen seiner Haftzeit wohl bessern könnte. Die psychologischen Gutachter bescheinigten Marček, dass er zur Tatzeit voll zurechnungsfähig war; seine Resozialisierung gilt als "wenig wahrscheinlich".
Der Mörder handelte erbarmungslos, emotionslos, ohne Empathie, so das Fazit der Psychologen. Mit dem Altern in der Haft könnte seine Aggressivität aber sinken. "Das könnte ein positiver Faktor werden", so einer der Gutachter.
Zweifel an der Reue
Nicht alle glauben, dass die gezeigte Reue des Täterds authentisch war. Auch das Gericht berücksichtigte, dass Marček erst dann gesprächig wurde, als sein Mitwirken an der Tat enthüllt worden war. Aber es war nicht er, der als erster zu sprechen begann, sondern Zoltán Andruskó, ein Vermittler zwischen der Vertrauten des mutmaßlichen Mordaufraggebers Kočners, Alena Zsuzsová, und dem Neffen Marčeks, Tomáš Szabó.
Sofort nach seiner Inhaftierung gestand Andruskó seine Mitwirkung an der Tat und kooperierte die ganze Zeit mit den Ermittlern, was das Verfahren wesentlich beschleunigte. Er einigte sich schließlich mit der Staatsanwaltschaft und akzeptierte eine 15-jährige Freiheitsstrafe. Die Richterin Sabová berücksichtigte jedoch auch, dass Marček nach seinen Taten imstande war, eine Partnerbeziehung einzugehen. Sie vermutet, dass dieser Umstand ihn bewogen haben könnte zu reden; sie glaubt, dass diese Beziehung in ihm Gefühle geweckt habe. Daher hält die Richterin seine Reue für aufrichtig - entgegen der Meinung der Psychologen.
Spitze eines Eisbergs
Noch drei Angeklagte warten auf ihre Urteile im Prozess, der zweifellos der wichtigste in der jüngsten Geschichte der Slowakei und vielleicht sogar der gesamten mitteleuropäischen Region ist. Sollte Marian Kočner für den Mordauftrag verurteilt werden, könnte auch er gesprächig werden.
Medienberichten zufolge pflegte Kočner enge Kontakte zur Politik und Justiz. Seit drei Wochen sitzen fünf Richter und Richterinnen in Untersuchungshaft. Sie sollen systematisch von Kočner bestochen worden sein, um ihn und seine unlauteren Machenschaften zu decken. Darunter befindet sich auch die ehemalige stellvertretende Justizministerin Monika Jankovská. Die Ermordung des Investigativ-Journalisten Kuciak hatte Massenproteste in der Slowakei ausgelöst und zum Rücktritt des damaligen sozial-demokratischen Premierministers Robert Fico geführt.
Nicht nur Journalisten vermuten, dass der Mord an Kuciak erst die Spitze eines Eisbergs enthüllt hat. Jetzt beschäftigt sich auch die slowakische Justiz mit der mafiaartigen Verflechtung zwischen der organisierten Kriminalität und dem Staat.