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Kumpels für Kunst und Kunst für Kohle

9. Mai 2002

Unter dem Motto "SehnSucht" startet Hansgünther Heyme, Leiter der Ruhrfestspiele Recklinghausen, in seine letzte Spielzeit. Ab 2003 werden die Ruhrfestspiele als Teil der neuen Ruhr-Triennale inszeniert.

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Freches Volkstheater aus dem Barock mitten im RuhrgebietBild: Ruhrfestspiele

"Wir vermüllen geistig, wenn die Kunst nicht Utopien baut, Heiteres und Intelligentes in die Welt setzt", meint Hansgünther Heyme. Nach zwölf Jahren übergibt er die Leitung an Gerhard Mortier, den ehemaligen Leiter der Salzburger Festspiele.

Von den Ruhrfestspielen zum "Europäischen Festival"

Hansgünther Heyme
Bild: Ruhrfestspiele

Seit 1990 leitet Hansgünther Heyme die Traditionfestspiele an der Ruhr. Unter seiner Regie wuchsen sie zu einem "Europäischem Festival" im Zeichen der Solidarität. Heyme holte bekannte Künstler wie Ariane Mnouchkine, Peter Brook, Robert Wilson, Luc Bondy oder Maurice Bejart nach Recklinghausen.

Die Ruhrfestspiele starten in diesem Jahr traditionell am 1. Mai und werden bis zum 16. Juni 2002 Namen wie Hanna Schygulla, Angela Winkler, Cornelia Froboess, Esta Ofraim, Ulrich Tukur, Wolf Biermann und Henning Mankell präsentieren. Auf dem Programm stehen insgesamt 27 Produktionen aus 13 Ländern sowie vier Konzerte.

Erste Bühnenpremiere mit Esther Ofraim

Den Anfang macht die israelische Sängerin Esther Ofraim mit alten und neuen Liedern im Festspielhaus. Mit einem Soloabend führt "Die Reise nach Jerusalem" durch das Leben der Schriftstellerin Else Lasker-Schüler, gespielt von Angela Winkler. Weiterhin tritt Hanna Schygulla mit dem Lieder- und Textprogramm "Kronos Kairos" auf.

In seinem Programm "Ermutigung" erinnert Wolf Biermann an seine Ausbürgerung aus der DDR 1976. Als Höhepunkt der vier Konzerte steht Mauricio Kargel wieder am Dirigentenpult.

Unter der Regie von Hans Christoph Blumenberg wird außerdem das Stück "Kunst" von Yasmina Reza aufgeführt mit Ulrich Tukur, Domenique Horwitz und Christian Redl.

Freches Volkstheater aus dem Barock

Mit großer Liebe und Begeisterung hat Heyme in den letzten 40 Jahren Theater gemacht. Dieses Jahr führte ihn seine Leidenschaft ins Archiv, denn seit 1978 beschäftigt er sich mit Daniel Caspar von Lohenstein (1635-1683). Zur Uraufführung zweier "Türkischer Schauspiele: Ibrahim Bassa- Ibrahim Sultan" ließ Heyme die als Alexandriner gefassten Reime des Barockdichters übersetzen. Das Programm bietet nach Ansicht des Festspielleiters nicht nur eine "sehr moraline Tendenz", sondern auch "freches Volkstheater". Das Ensemble kommt aus Spanien und Taschkent und soll zur Völkerverständigung zwischen Ost und West beitragen.

Wie alles begann...

Ruhrfestspiele Spielstätte Eisenlagerhalle Auguste Victoria
Bild: Ruhrfestspiele

Die Ruhrfestspiele Recklinghausen haben eine lange Tradition. Im Winter 1946/47 kamen Hamburger Theaterleute an die Ruhr. Sie bettelten um Kohle und die Kumpels der Schachtanlage König-Ludwig 4/5 zeigten sich solidarisch. Im darauffolgenden Jahr bedankten sich die Künstler mit einem Gastspiel und gründeten damit die Ruhrfestspiele Recklinghausen. Ihr erster Leiter war Otto Burmeister. Pate der Festspiele war Hans Böckler, erster Vorsitzender des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB). Seit 1949 unterstützen die Stadt Recklinghausen und die Landesregierung NRW das Festival. 1965 wurde das Festspielhaus in Recklinghausen errichtet und Ende der 90er Jahre zu einem Kongresszentrum ausgebaut. Bis heute besitzen die Ruhrfestspiele Recklinghausen kein eigenes Ensemble.

Als Leiter der Ruhrfestspiele Recklinghausen knüpfte Heyme an die Tradition des Festivals an und verband sie mit dem europäischen Gedanken. Mit seiner Arbeit führte er zahlreiche Kulturströmungen und -formen zusammen und entwickelte ein politisches Theaterfestival. Rund 50 000 Besucher kamen im vergangenen Jahr zu den so genannten "Kulturtagen der Arbeit" nach Recklinghausen. (jm)