Venedig ehrt schwarze Künstlerinnen auf der Biennale
Die Preise der 59. Biennale, der internationalen Kunstausstellung in Venedig, sind vergeben. Zwei Goldene Löwen gehen an schwarze Künstlerinnen. Mit Katharina Fritsch wird auch eine Deutsche geehrt.
Sonia Boyce für britischen Pavillon geehrt
Es geht um die Kraft des weiblichen Gesangs im von Sonia Boyce gestalteten britischen Pavillon. Die Künstlerin ist Professorin für Black Art und Design. Sie setzt sich ein für die Anerkennung von Künstlerinnen und gegen Rassismus. Bei der Eröffnung der Biennale erhielt sie für ihre Arbeit einen Goldenen Löwen. Für sie ist der Preis zugleich eine Ehrung der internationalen schwarzen Kunstszene.
Afrikanisches aus den USA
Außer Boyce erhalten weitere Frauen einen Goldenen Löwen. Darunter die US-Amerikanerin Simone Leigh. Die Künstlerin zeigt auf der Biennale ihre großformatige Skulptur "Satellite". Außerdem zeichnet sie für die Gestaltung des US-Pavillons verantwortlich. In Leighs Arbeiten geht es um die Traditionen und den Aufbruch der schwarzen Community.
Skulptur deutscher Künstlerin eröffnet Giardini-Raum
Zudem wurde die für ihre Plastiken international bekannte Künstlerin Katharina Fritsch mit einer Auszeichnung bedacht. Sie erhielt einen Goldenen Löwen für ihr Lebenswerk. Eine ihrer überlebensgroßen Tier-Skulpturen, ein Elefant, ziert den zentralen Raum des Ausstellungsorts Giardini in Venedig. Vorgeschlagen wurde die 66-Jährige von der Kuratorin der aktuellen Biennale, Cecilia Alemani.
Ukraine im Zustand der Erschöpfung
Nicht ausgezeichnet, aber dennoch bedeutsam ist die Installation des ukrainischen Künstlers Pavlo Makov. Er konnte sich nur knapp aus der stark umkämpften Stadt Charkiw retten. Sein "Brunnen der Erschöpfung" erinnert daran: Mühsam fließt Wasser durch 72 Kupfertrichter, die in Form einer Pyramide angeordnet sind. Eine Metapher für den Zustand der Ukraine - und für den Zustand der Welt.
Venedigs "Milch der Träume"
Das Motto der 59. Kunstbiennale, "Die Milch der Träume", bezieht sich auf ein Buch der surrealistischen Künstlerin Leonora Carrington. Darin beschreibt sie eine magische Welt, die ständig neu erdacht wird. "Es ist eine Welt, in der sich jeder verändern, verwandeln, etwas oder jemand anderes werden kann; eine Welt, die frei ist und voller Möglichkeiten", so die Kuratorin Cecilia Alemani.
Deutschlands einschüchterndes Erbe
Die Künstlerin Maria Eichhorn hat den Unterboden des Deutschen Pavillons freigelegt, um dessen architektonische Umgestaltung durch die Nationalsozialisten im Jahr 1938 zu untersuchen. Der Pavillon hat trotz der Veränderungen in der Nachkriegszeit sein einschüchterndes Erscheinungsbild beibehalten. Eichhorn lädt die Besucher ein, sich mit Architektur im Faschismus auseinanderzusetzen.
Neuseelands drittes Geschlecht
Die Künstlerin Yuki Kihara präsentiert ihre Installation "Paradise Camp" aus der Perspektive der "Fa'afafine": Personen männlichen Geschlechts auf Samoa, die als Frau erzogen und als solche betrachtet werden. Die zwölf Fotografien in satten Farben interpretieren die Gemälde Paul Gauguins neu und thematisieren Dekolonisierung, Intersektionalität und die Klimakrise im Pazifik.
Türkische Miniaturwelt von Nicht-Menschen
Füsun Onur, seit mehr als 50 Jahren wegweisende Konzeptkünstlerin, präsentiert aus Metalldraht gefertigte Figuren in Miniaturformat. Sie tanzen, musizieren, reisen und verlieben sich, während andere die Szenen eines Bühnenstücks nachspielen. Unter dem Titel "Es war einmal" erschafft Onur alternative Welten und neue Sprachen aus einer kreativen Gemeinschaft von Nicht-Menschen.
Ägyptischer Surrealismus
"Eden-Like Garden" ist eine surreale Installation von Mohamed Shoukry, Ahmed El Shaer und Weaam El Masry. Sie zeigt den Menschen in seinem ewigen Kampf zwischen Instinkt und Willenskraft. Die großen schwebenden rosafarbenen Ballons, auf die digitale Bilder projiziert werden, beschrieben die Künstler als "sowohl heilig als auch profan... Ein ewiges Wesen der Versuchung und des Verlangens...".
Hybride Welt in Dänemark
Dieses halb menschliche, halb tierische Wesen beschwört eine hybride Welt herauf, in der sich das historische dänische Landleben mit einer Science-Fiction-artigen Zukunft vermischt. Die Installation "We walked the earth" des Künstlers Uffe Isolotto zeigt das Haus einer Familie. Aber die Umgebung mutet fremd an - vielleicht ein Symbol für eine sich radikal verändernde Welt.
Schweizer Rhythmen
Die Schweizerin Latifa Echakhch lädt inmitten von volkstümlich angehauchten Skulpturen zu einer Zeitreise ein. Die Besucher betreten Räume, in denen sich die Atmosphäre durch wechselnde musikalische Texturen verändert; auch das Licht changiert zwischen hell und dunkel. "Sie sollen sich so fühlen, als ob sie gerade ein Konzert verlassen und noch den Rhythmus spüren", so die Künstlerin.
Russland ist nicht dabei
Der Pavillon der Russischen Föderation bleibt in diesem Jahr geschlossen. Die Künstler sagten ihre Teilnahme im Februar ab. Der litauische Kurator Raimundas Malasauskas erklärte, angesichts der russischen Invasion in die Ukraine könne er das Projekt nicht fortführen. Vor dem Pavillon gab es Antikriegsproteste, u.a. von dem russischen Konzeptkünstler Vadim Zakharov.