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Spekulationen um Nachfolge von Bolton

7. Dezember 2006

Nachdem Washingtons umstrittener UN-Botschafter John Bolton das Handtuch geworfen hat, haben die Spekulationen über seine Nachfolge begonnen. Ob die Personalie eine außenpolitische Wende anzeigt, ist fraglich.

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Zalmay Khalilzad ist als neuer UN-Botschafter im Gespräch. Zur Zeit ist er Botschafter im Irak.
Zalmay Khalilzad - neuer UN-Botschafter Washingtons?Bild: AP

Die Rücktrittsankündigung von John Bolton am Montag (4.12.2006) dürfte US-Präsident George W. Bush die größten Sorgenfalten auf die Stirn getrieben haben. Denn mit dem undiplomatischen UN-Diplomaten hat er nach seinem ehemaligen Verteidigungsminister Donald Rumsfeld einen weiteren engen Getreuen verloren. Für seine politischen Gegner ist Boltons Abschied aus der UN-Politik dagegen eine große Erleichterung. Selbst bei den Republikanern war der konservative Hardliner auf deutliche Kritik gestoßen.

Diplomatisches Geschick

Dass auch Europa über diesen Verlust nicht traurig ist, zeigt die Reaktion des früheren deutschen Umweltministers Jürgen Trittin. Der Elefant verließe den Porzellanladen der multilateralen Politik, äußerte sich der Grünen-Politiker erfreut. Gute Neuigkeiten seien das - auch für die USA. Nun ist also Zeit für Spekulationen. Klar ist allein, dass Bushs neuer Kandidat zumindest ein wenig mehr diplomatisches Geschick als sein Vorgänger haben muss, soll er durch den von den Demokraten dominierten Senat bestätigt werden.

Bolton ist am Montag von seinem Amt als US-Botschafter bei den Vereinten Nationen zurückgetreten.
Der Alte: John BoltonBild: AP

Boltons Abgang hinterließe ein Loch im Team von Washingtons Außenpolitikern, das schnell gefüllt werden müsse, war am Dienstag von offizieller Seite zu hören. Vor Februar oder März rechnet jedoch niemand mit einem neuen UN-Abgesandten in New York. Edward Luck, Professor für Internationale Beziehungen in Columbia, sagte, man müsse jemand finden, der glaubhaft und "nicht zu parteiisch" sei und außerdem die Vereinten Nationen halbwegs kenne.

Keine Unbekannten

Als einer der Favoriten wird der amerikanische Botschafter im Irak, Zalmay Khalilzad, gehandelt. Der in Afghanistan geborene Diplomat kommt aus demselben neokonservativen Lager wie Bolton und hat bis 2005 als US-Sonderbeauftragter beim Wiederaufbau Afghanistans großen Einfluss gehabt. Er gilt als Spezialist für Südostasien und Nordafrika. In Bushs Kabinett ist er der wichtigste Muslim.

Williamson war drei Jahre als Botschafter bei der UN.
Gute Chancen hat auch Richard WilliamsonBild: AP

Als möglicher Kandidat gilt auch Richard Williamson, der 2004 amerikanischer Botschafter bei der UN-Menschenrechtskommission war. Davor war er Botschafter in Wien und hochrangiger Berater unter Ronald Reagan. Williamsen ist ein ausgewiesener Kenner der schwierigen Beziehungen zwischen USA und Vereinten Nationen.

Chancen auf den vakanten Posten sollen auch der frühere republikanische Senator Mike DeWine, der Sudan-Beauftragte des Weißen Hauses, Andrew Natsios, und die Staatssekretärin für globale Angelegenheiten im Weißen Haus, Paula Dobriansky, haben.

Manieren statt Arroganz

Alle Kandidaten dürften über mehr diplomatisches Fingerspitzengefühl verfügen als der unglücklich agierende Bolton. Die Arroganz, mit der Bolten wiederholt den Nutzen der UN angezweifelt hat, dürfte seinem Nachfolger eine behutsamere Gangart ans Herz legen. Indem insbesondere Khalilzad und Williamson ins Gespräch gebracht wurden, zeigt sich zumindest, dass man in Washington aus dem Bolton-Kapitel seine Schlüsse gezogen hat. Der demokratisch beherrschte Senat lässt den Republikanern andererseits keine Wahl.

Eine außenpolitische Wende kann man bei diesen Personalspekulationen noch nicht ablesen. Das wird anders, wenn klar ist, welche Konsequenzen Bush aus den Empfehlungen der Baker-Kommission für das weitere Vorgehen im Irak ziehen wird. Wenn Washingtons UN-Botschafter dann Khalilzad oder Williamson heißen sollte, agiert auf diesem wichtigen Posten zumindest jemand, der auch unter neuen Gegebenheiten die alten Probleme kennt und ihnen mit diplomatischem Taktgefühl begegnen kann. (lem)