Kurzzeitjob Fußballtrainer
24. Mai 2019Am Samstag kann Niko Kovac im DFB-Pokalfinale gegen RB Leipzig das Double holen. Das wäre das erste Mal seit 2015/2016, damals noch unter Pep Guardiola, dass Bayern sowohl Meisterschale als auch Pokal holt. Trotzdem ist es möglich, dass er nächste Saison kein Bayern-Trainer mehr ist.
Die Bosse in München geben auf Nachfrage über die Kontinuität ihres Trainers kein klares Bekenntnis ab. Dabei hat Kovac in der Rückrunde wettbewerbsübergreifend nur zwei Spiele verloren: in der Bundesliga gegen Bayer Leverkusen (3:1) und in der Champions League gegen den FC Liverpool (1:3).
Ein Saison mit möglicherweise zwei Titeln müsste normalerweise reichen, um das weitere Vertrauen zu bekommen. Vor allem wenn man daran denkt, dass Jupp Heynckes nach der titellosen Saison 2011/2012 weiter machen durfte, oder dass Pep Guardiola 2014/2015 nur die Meisterschaft geholt hat und ihn damals keiner infrage gestellt hat.
Trainer bekommen immer weniger Zeit
"Viereinhalb Jahre sehr guter und konstruktiver Zusammenarbeit sind eine sehr lange Zeit im Profigeschäft". Das hat Hertha-Manager Michael Preetz Mitte April gesagt, als feststeht, dass Pal Dardai nach Saisonende den Verein verlassen wird. Im Februar 2015 hat Dardai damals die abstiegsgefährdeten Berliner übernommen und in den darauffolgenden vier Jahren sogar in die Europa League geführt.
Nun ist Schluß für Dardai in Berlin. Durch einen neuen Trainer soll ein neuer Impuls gesetzt werden. Trotz der erfolgreichen Arbeit, darf Dardai bei Hertha nicht weitermachen. Ein Schicksal, das viele Trainer in der Bundesliga in den letzten Monaten geteilt haben.
Dieter Hecking kritisiert den Trend
Die 0:2 (0:1)-Niederlage gegen Borussia Dortmund am Samstag ist Heckings letztes Spiel als Trainer von Borussia Mönchengladbach gewesen. Nach dem Spiel hat der Coach in seiner Abschluss-Pressekonferenz richtig Dampf abgelassen. Er hat die Entwicklung im Profifußball und den Umgang mit den Trainern, die immer weniger Zeit haben, um ihre Ideen und Spielphilosophien umzusetzen, kritisiert. Hecking ist genauso wie Dardai ein gutes Beispiel für diese Tendenz. Anfang April teilte die Borussia mit, dass man für die nächste Saison einen neuen Trainer holen würde.
Zu Saisonbeginn gilt Gladbach noch als Geheimfavorit und Heckings Vertrag wird um ein Jahr verlängert. Nun muss er gehen. Eine "strategische Entscheidung" nennt es Sportdirektor Max Eberl. Nur eine Woche nach Heckings Entlassung wird Marco Rose als neuer Trainer angekündigt. Der ehemalige Bundesliga-Profi hat in seiner Station bei Red Bull Salzburg hervorragende Arbeit geleistet und viele Vereine begehren ihn. Gladbach will sich die Chance nicht nehmen lassen, den jungen Trainer für sich zu gewinnen und handelt dementsprechend.
In Köln muss Markus Anfang sogar als Tabellenführer drei Spieltage vor Schluss den Verein verlassen. Köln hat zu dem Zeitpunkt sechs Punkte Vorsprung auf den Zweiten. Sportdirektor Armin Veh ist aber die erneute Krise nach vier Spieltagen ohne Sieg zu viel und er entlässt seinen Trainer.
Für internationale Topklubs zählt nur die Champions League
Bei internationalen Topklubs entscheidet immer öfter der Gewinn der Champions League über Erfolg und Misserfolg in einer Saison. Gerade das Scheitern im Achtelfinale der Champions League kann Niko Kovac zum Verhängnis werden.
Ähnlich wie Kovac in München geht es Ernesto Valverde, aktuell noch Trainer beim FC Barcelona. Er kann am Samstag durch einen Sieg im Pokalfinale gegen den FC Valencia das zweite Double in zwei Jahren holen. Vor allem in der Liga tritt die Mannschaft extrem souverän auf.
Dennoch wird in Barcelona an ihm gezweifelt. Es wird ihm vorgeworfen, in der Champions League zwei Mal kläglich versagt zu haben, trotz Lionel Messi. Noch ist keine Entscheidung getroffen worden, aber vieles deutet darauf hin, dass Valverde nur aufgrund der mangelnden Alternativen weiter machen wird.
Anders geht es Massimiliano Allegri, der Juventus Turin verlassen muss. Der 51-jährige hat fünf Mal hintereinander die Serie A mit Juventus Turin gewonnen. Dazu vier Pokalsiege und zwei Finalteilnahmen in der Champions League. Um endlich auch international erfolgreich zu sein, wird Cristiano Ronaldo geholt. Doch Juventus scheitert schon im Viertelfinale gegen Außenseiter Ajax Amsterdam.
In England hat man mehr Geduld
Ausgerechnet in England, wo versucht wird, durch große Investitionen erfolgreich zu sein, scheinen Trainer mehr Zeit zu bekommen. Große Vereine wie Manchester City lassen dabei auch eine titellose Saison durchgehen, wie im Jahr 2016/2017. An dem damals neuen Trainer, Pep Guardiola, zweifelt keiner. Zwei Spielzeiten später, hat City als erster Verein überhaupt das nationale Triple geholt und ist, seit Manchester United im Jahr 2009, die erste Mannschaft die den Liga-Titel verteidigen kann.
Aber als beste Beispiele gelten zwei Vereine, die am 1. Juni in Madrid um den wichtigsten Titel im europäischen Fußball ringen werden: der FC Liverpool und dieTottenham Hotspurs. Jürgen Klopp ist seit Oktober 2015 Trainer bei den Reds und Maurizio Pochettino seit 2014 bei den Spurs. In diesem Zeitraum konnte keiner von ihnen einen Titel holen. Aber die Clubs waren von ihrer Arbeit überzeugt und sind ihren Trainern treu geblieben. Sie haben Zeit gehabt, ihren Mannschaften ihren Stempel aufzudrücken und nun ernten sie die Früchte.
Dabei zahlt sich Geduld aus
Auch in Deutschland hat es diese Saison einen Trainer gegeben, der das Vertrauen mit Erfolgen zurückgezahl hat, und ist nun einer der großen Gewinner dieser Saison: Adi Hütter.
Die Eintracht ist mit der Supercup-Niederlage gegen Bayern, dem Pokal-Aus gegen den SSV Ulm 1846 und nur einem Punkt nach fünf Bundesliga-Spieltagen in die Saison gestartet. Hütter hat Zeit darf trotz der Kritik weitermachen. Danach starten die Frankfurter richtig durch. Die Adler schaffen es ins Europa League-Halbfinale, wo sie erst im Elfmeterschießen am FC Chelsea scheitern, und in der Bundesliga sichert man sich die erneute Qualifikation für die Europa League.
Solche Beispiele bleiben aber Ausnahmen im Profifußball. Der kurzfristige Erfolg rückt immer mehr in den Vordergrund. Preetz hat also doch recht wenn er sagt, dass "viereinhalb Jahre eine sehr lange Zeit im Fußballgeschäft" sind.