Kälte verhindert Luftbrücke
13. Dezember 2013Syrien ist geteilt. Ein breiter Streifen zieht sich durch das ganze Land: Von Aleppo im Nordwesten bis zur Grenze zum Irak. Dort setzt er sich bis in die Nähe Bagdads fort. Er ist fast 1000 Kilometer lang, an seiner breitesten Stelle misst er fast 100 Kilometer. Dies ist das Gebiet des sogenannten "Islamischen Staats im Irak und (Groß)-Syrien", unter der Herrschaft des irakischen Islamisten Abu Bakr al Baghadi, der allen, die dort leben, seine Vorstellungen eines gottgerechten Lebens aufzwingt.
Dieses Gebilde zerlegt Syrien in zwei Hälften: einen großen Süden mit bedeutenden Städten wie Damaskus, Homs, Hama und Idlib. Und ein kleineres Dreieck im Nordosten, im Grenzgebiet zur Türkei und dem Irak. Die Passage vom südlichen in den nördlichen Teil Syriens ist kaum mehr möglich. Das hat auch für die humanitären Hilfslieferungen Folgen: Früher starteten die meisten Transporte von Damaskus aus. Von dort brachten sie die Hilfsgüter auch in den Nordosten des Landes. Dieser Weg ist jetzt zwar nicht völlig unterbrochen - aber sehr riskant. Seit im Mai dieses Jahres Lastwagen mit Hilfsgütern ausgeraubt wurden, sucht das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (UNHCR) nach anderen Möglichkeiten, die Menschen zu erreichen.
Hilfstransporte ausgeraubt
Zur Versorgung des syrischen Nordostens würde sich eigentlich die Türkei als Ausgangspunkt anbieten. Doch die hat den Hilfswerken bislang keine entsprechende Genehmigung erteilt. So bleibt derzeit nur der Weg über den Irak.
Auch von dort ist die Lieferung aber schwierig. Denn Teile des syrischen Nordostens werden von radikalen Islamisten kontrolliert. Sie liefern sich Gefechte mit den dort ansässigen Kurden, die ihr Siedlungsgebiet bislang gegen das Vordringen der Gotteskrieger verteidigen konnten. Bei den Kämpfen geht es nicht zuletzt auch um die Vorherrschaft über die Ölvorkommen in dieser Region. Diese Kämpfe aber erschweren die Hilfslieferungen zusätzlich.
Seit geraumer Zeit arbeitet das Flüchtlingshilfswerk der UN an der Einrichtung einer Luftbrücke aus dem irakischen Erbil in den syrischen Norden, in die Region um die Städte Qamischli und Hassake. Diesem Plan haben nun sowohl die syrische wie auch die irakische Regierung zugestimmt.
Sicherheit der Helfer
Die Genehmigung erleichtert die Arbeit des UNHCR und seiner Partner sehr. Denn einige Gefahrenzonen können nun über- oder umflogen werden. Doch sind längst noch nicht alleProbleme der Helfer gelöst. "Die prekäre Sicherheitslage macht es sehr schwierig, diejenigen zu erreichen, die diese Hilfe am nötigsten brauchen", sagt Dan McNorton, Sprecher des UNHCR, im DW-Interview. Jeden Tag müsse aufs Neue für die Sicherheit der Helfer gesorgt werden. "Und jedes Mal gilt es, andere Hürden zu überwinden." Darum sei es nötig, mit allen Parteien zu sprechen. "Nur so kommen die Lieferungen auch an."
Eigentlich hätte die Luftbrücke schon vor ein paar Tagen in Betrieb genommen werden sollen. Doch die Schneefälle in der Region haben die Helfer bislang davon abgehalten. Die Güter, die sie in die Region bringen sollen, stehen auf dem Flughafen Erbil im Irak schon bereit: Zelte, Plastikplanen gegen Regen und Schnee, warme Decken und Kochgeschirr -den Menschen mangelt es am Allernötigsten.
Fast zehn Millionen Hilfsbedürftige
Bis zu 60.000 Hilfsbedürftige wolle man im syrischen Nordosten erreichen, sagt McNorton. "Es handelt sich um sogenannte displaced persons, also Personen, die innerhalb Syriens auf der Flucht sind."Doch auch in den anderen Teilen Syriens stehen das UNHCR und andere Hilfsorganisationen vor gewaltigen Aufgaben. Nach Angaben des UN-Büros zur Koordinierung der humanitären Hilfe (OCHA) sind in Syrien 6,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Hinzu kommen weitere 2,5 Millionen, die im benachbarten Ausland Schutz suchen. Auch sie müssen versorgt werden. Doch damit seien die Aufgaben noch nicht erfüllt, sagt McNorton. "Auch die, die an ihrem Wohnort ausharren, brauchen Hilfe."