Kölner Kunstprojekt zum NSU ausgezeichnet
28. November 2017Die Auszeichnung, die an den 1990 an den Folgen eines Neonazi-Überfalls im brandenburgischen Eberswalde gestorbenen Angolaner Amadeu Antonio erinnert, wurde von der Stadt und der Amadeu Antonio-Stiftung übergeben.
Die Vorstandsvorsitzende der Stiftung, Anetta Kahane, sagte, der Prozess gegen Beate Zschäpe und die Unterstützer des rechtsextremen Nationalsozialistschen Untergrund (NSU) nähere sich seinem Ende, die versprochene Aufklärung über die rechten Netzwerke und staatliches Versagen sei dennoch bislang ausgeblieben. Das künstlerische "Tribunal-Netzwerk" aus mehr als 100 Engagierten lenke jedoch immer wieder die Aufmerksamkeit auf die staatlichen Strukturen, "die die Verbrechen des NSU tatenlos beobachtet, indirekt unterstützt oder ihre Aufklärung verschleppt" hätten. "In Zeiten, da öffentliche rassistische Parolen wieder traurige Realität werden, brauchen wir engagierte Künstler, die daran erinnern, wie gefährlich es für uns alle ist, wenn Rechtsextremismus kleingeredet und Opfer zu Tätern gemacht werden", betonte Kahane.
Das "Tribunal-Netzwerk" des Vereins Lückenlos e.V. ist mit mehr als 100 Aktivisten in sieben deutschen Städten unterwegs, um an Tatorten des rechtsextremen NSU mit Aktionen wie Umbenennung von Straßen und Kundgebungen den Blick auf die Betroffenen der Mordtaten zu lenken. Zu einem "Tribunal" im Mai 2017 in Köln mit Filmen, Theateraufführungen und Ausstellungen kamen mehr als 3000 Menschen. Bei dem gespielten "Tribunal" wurden mutmaßlich für den NSU-Terror Mitverantwortliche namentlich angeprangert.
Amadeu Antonio-Stiftung
Der Amadeu Antonio-Preis Preis wurde zum zweiten Mal verliehen. Der Hauptpreis für das Kunstprojekt "Tribunal - NSU-Komplex auflösen" ist mit 3000 Euro dotiert. Zwei weitere mit jeweils 1000 Euro dotierte Preise gingen an Evelyn Rack und Billie Mind für die gegen traditionelle Rollenvorstellungen gerichtete interaktive Ausstellung "Add your Heroine!" sowie an Raman Zaya für die literarische Performance "träumen auf deutsch ohne untertitel". Zayas Fluchtgeschichte von Teheran nach Deutschland bilde dabei den Rahmen für eine Performance, "die alle Sinne anspricht und Fragen nach Heimat und Zugehörigkeit neu stellt".
Der von der Amadeu Antonio-Stiftung und der Stadt Eberswalde vergebene Preis würdigt kreatives künstlerisches Engagement für Menschenrechte und gegen Rassismus und Diskriminierung. Der Amadeu Antonio gilt als eines der ersten Todesopfer rechter Gewalt nach der Wiedervereinigung. Im November 1990 wurde der 28-Jährige von Rechtsextremen zu Tode geprügelt. Laut einer Dokumentation der Stiftung sind seit 1990 in Deutschland 179 Menschen rechtsradikaler und rassistisch motivierter Gewalt zum Opfer gefallen.
qu/se (epd, dpa, Amadeu Antonio-Stiftung)