Lateinamerika schreibt Geschichte
Frieden in Kolumbien, Olympische Spiele in Brasilien und das erste Konzert der Rolling Stones auf Kuba: 2016 avanciert Lateinamerika zur Bühne für weltpolitische Weichenstellungen. Ein Rückblick.
Black Power auf Kuba
Bei seinem historischen Besuch in Kuba am 22. März trifft Barack Obama Rachel Robinson, Witwe der Baseball-Legende Jackie Robinson. Robinson war der erste schwarze Spieler, der in einem Team der Major Leagues spielte und zu einer Symbolfigur der Bürgerrechtsbewegung wurde. Mit Obamas Visite - die erste eines US-Präsidenten seit 88 Jahren - endete die Eiszeit zwischen Washington und Havanna.
Satisfaction!
Noch ein historischer Augenblick: Einen Tag nach Obamas Abreise spielten am 25. März die Rolling Stones in Havanna. Zum ersten Konzert der britischen Kult-Band strömten Zehntausende von Kubanern ins Stadion "Ciudad Deportiva" und jubelten den Alt-Rockern zu.
Bleibt Evo ewig an der Macht?
Rote Karte: Beim Verfassungsreferendum am 24. Februar votierten Boliviens Wähler klar gegen eine vierte Amtszeit von Präsident Evo Morales. Der 57-Jährige, der das Land seit 2006 regiert, gestand die Niederlage ein. Doch mittlerweile hat der Anführer der sozialistischen MAS-Partei angekündigt, trotz Verfassungsverbot 2019 erneut kandidieren zu wollen.
Comeback eines Bankers
Überraschung in Peru: Mit einer hauchdünnen Mehrheit gewinnt der ehemalige Zentralbankchef und Weltbank-Ökonom Pedro Pablo Kuczynski am 5. Juni die Präsidentschaftswahlen. Als Favoritin galt eigentlich Keiko Fujimori, Tochter des inhaftierten Ex-Präsidentin Alberto Fujimori. Doch die Angst vor einem Rechtsruck war offenbar größer als die Sorge vor Neoliberalismus.
Deutschland entschuldigt sich
Bei seinem Treffen mit Chiles Präsidentin Michelle Bachelet am 13. Juli brach Bundespräsident Joachim Gauck das Schweigen. Er entschuldigte sich für das Fehlverhalten der deutschen Diplomatie im Fall Colonia Dignidad. Die von dem Deutschen Paul Schäfer gegründete Siedlung diente während der Pinochet-Diktatur als Folterzentrum der Geheimpolizei. Entschädigungen für die Opfer lehnte Gauck ab.
Die Welt zu Gast in Rio
Es war ein Fest der Superlative: An den Olympischen Spielen in Rio vom 5. bis 21. August nahmen rund 10.000 Athleten und eine halbe Million Zuschauer teil. Das größte Sportereignis der Welt blieb von Terroranschlägen, Unwettern, Epidemien und Kriminalität verschont. Das IOC fiel allerdings mit einem Korruptionsskandal negativ auf - mal wieder.
Bolts Bad in der Menge
Er war der Liebling des Publikums und wurde zum Idol von Gastgeberland Brasilien: Der neunfache Olympia-Sieger Usain Bolt. In Rio brach der 1,95 Meter große Sprinter aus Jamaika seine eigenen Rekorde: Er lief die 100-Meter-Strecke in 9.81 Sekunden und wurde dadurch zum ersten Athleten, der zum dritten Mal hintereinander bei Olympischen Spielen die 100-Meter-Strecke gewann.
Dilma Rousseff muss gehen
Sie war nicht nur die erste Präsidentin Brasiliens, sondern auch die erste Präsidentin des Landes, die ihres Amtes enthoben wurde. Am 31. August stimmte der brasilianische Senat mit der notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheit für die Absetzung der 70-jährigen Regierungschefin. Das Impeachment spaltet die brasilianische Gesellschaft bis heute.
Kolumbien wagt Frieden
Ein Wunder wird wahr: Nach über 50 Jahren Bürgerkrieg unterzeichneten Kolumbiens Präsident Juan Manuel Santos und der Chef der FARC-Rebellen, Rodrigo Londono, am 26. September ein historisches Friedensabkommen in Havanna. Der Bürgerkrieg verursachte die Vertreibung von sieben Millionen Menschen im eigenen Land und forderte über 200.000 Todesopfer.
Das Volk sagt nein
Doch kein Frieden? Am 2. Oktober stimmten die Kolumbianer in einer Volksabstimmung mit einer knappen Mehrheit gegen das Friedensabkommen mit der FARC. Präsident Santos verhandelte nach und legte ein neues Abkommen vor, das am 1. Dezember vom kolumbianischen Kongress gebilligt wurde. Für seinen Einsatz wurde er mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet.
SOS Venezuela
Venezuela am Rande des Abgrunds: In dem Land mit den größten Erdölreserven der Welt grassieren Hunger, Armut und Angst. Misswirtschaft und der Preisverfall für Rohöl haben zu einer gravierenden Wirtschaftskrise geführt. Es mangelt an Grundnahrungsmitteln, Medikamenten und Strom. Die Inflation 2016 liegt bereits beii über 700 Prozent. Wer kann, verlässt das Land.
Trump, nein danke!
Die Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten überschattet in Lateinamerika die Beziehungen zum Nachbarn im Norden. In der mexikanischen Grenzstadt Ciudad Juarez sprayte ein Streetart-Künstler eine neun Meter große Karikatur des designierten US-Präsidenten an die Wand des zubetonierten Kanals am Rio Bravo.
Katastrophe mit Ansage
Tragödie in Kolumbien: Beim Anflug auf Medellin stürzte am 28. November ein Flugzeug der bolivianischen Airline LaMia wegen Treibstoffmangel ab. 71 Menschen starben, darunter 19 Fußballer des brasilianischen Erstligisten Chapecoense Real. Die Fußballer waren auf dem Weg zum Finale der Copa Sudamerica. Das Unglück löste weltweit Bestürzung aus. Chapecoense wurde nachträglich zum Gewinner erklärt.
Haiti hatte die Wahl
Nach mehreren gescheiterten Anläufen führte die Wahl diesmal zu einem Ergebnis. Am 20. November wählte die Mehrheit (55,7 Prozent) der Haitianer den 48-jährigen Bananen-Plantagen-Besitzer Jovenel Moise zum Staatsoberhaupt. Die Wahlbeteiligung war allerdings vernichtend: Gerade einmal 1,3 Millionen der insgesamt 6,2 Millionen wahlberechtigten Haitianer gaben ihre Stimme ab.
Abschied von Fidel Castro
Kuba ohne Comandante: Mit dem Tod von Fidel Castro am 25. November geht in Kuba eine politische Ära zu Ende. Der Revolutionär, Regierungschef, Staatspräsident und Vorsitzende der Kommunistischen Partei Kubas war die weltweite Galionsfigur der Linken. Sein Widerstand gegen die USA und das von Washington verhängte Handelsembargo verwandelte die sozialistische Insel zum Symbol der Kalten Krieges.