Lateinamerika will mehr Handel mit der EU
28. Mai 2004Wenn sich am Freitag (28.05.2004) die Staats- und Regierungschefs der Europäischen Union mit ihren lateinamerikanischen Kollegen treffen, soll es vor allem um eine bessere Zusammenarbeit in Politik und Wirtschaft gehen. Zwei Tage lang werden auf dem EU-Lateinamerika-Gipfel in Mexiko Kooperationsmöglichkeiten erörtert. Das ist auch dringend nötig, denn die Handelsbilanzen könnten besser sein. Zwar ist die Zahl der Importe aus den wichtigsten Staaten der Region im vergangenen Jahr wieder etwas gestiegen. Doch beim Export ist die Lage nach wie vor schlecht: Die Zahlen sind inzwischen schon seit mehreren Jahren kontinuierlich rückläufig.
Handel ohne Gewicht
Auch im deutschen Außenhandel spielen die Lateinamerikaner, verglichen mit anderen Ländern, eine fast schon unbedeutende Rolle. Sowohl beim Import als auch beim Export steht der bestplatzierte Staat aus Südamerika erst an 26. Stelle (Import: Brasilien; Export: Mexiko). Nicht viel anders sieht es auch bei den Handelsbeziehungen der meisten anderen europäischen Staaten nach Südamerika aus. Mexikos Präsident Vincente Fox fordert dementsprechend eine rasche Verbesserung der Zusammenarbeit. Und seine Amtskollegen werden es ihm auf dem Gipfel am Wochenende wohl gleich tun.
Der Handel mit den Lateinamerikanern steht dabei nicht nur im Zeichen wirtschaftlicher Unterstützung. Die Region bietet ein reiches Potenzial an Rohstoffen und Industrieprodukten, auf die Europa angewiesen ist. Schon heute werden neben Nahrungsgütern (Kaffee, Soja, etc.) auch Autos in Lateinamerika produziert. Die verglichen mit den westlichen Bedingungen deutlich billigeren Arbeitskräfte haben fast alle großen Automobilfirmen angelockt. Spitzenreiter sind Mexiko und Brasilien, dort stehen unter anderem Fabriken von Volkswagen, Ford oder General Motors. Daneben bietet Mexiko den europäischen Handelspartnern inzwischen auch Elektro- und Chemieprodukte, Brasilien hat reiche Erz-Vorkommen und argentinisches Rindfleisch gilt nicht nur hierzulande als Delikatesse.
Keine Zukunft ohne Stabilität
Woran liegt es also, dass Deutschlands Wirtschaft und auch die Konsumenten anscheinend so wenig Interesse an Produkten aus Lateinamerika haben? Für Christof Römer vom Institut der Deutschen Wirtschaft sind in erster Linie die Standortbedingungen schuld. In zwei der wichtigsten Staaten der Region, Brasilien und Argentinien, muss sich die Wirtschaft erst von tiefen Krisen erholen. "Diese Länder müssen erst einmal für Stabilität sorgen und ihre Wirtschaftspolitik wieder in den Griff bekommen", meint Römer. "Erst dann können sie auf steigende Investitionen hoffen." Doch bis dahin könnte die Konkurrenz aus Asien längst die lukrativsten Aufträge an Land gezogen haben. In der Elektrotechnik ist ihr das inzwischen schon gelungen. Und bei Kohle, Metall und Landwirtschaft stehen die Chancen der Asiaten auch nicht schlecht. Südamerika kann also nur bestehen, wenn es im Kampf um Investoren und Marktsegmente mit guten Standortbedingungen werben kann. Nur: Ohne gesunde Wirtschaft ist das fast unmöglich.